Freitag, 18. Januar 2019

Nicholas Christopher: Das verlorene Bestiarium

Xeno Atlas wächst unter einfachsten Bedingungen in New York auf. Seine Mutter ist schon bei der Geburt gestorben. Der griechischstämmige Vater fährt zur See - wenn er zu Hause ist, verhält er sich dem Sohn gegenüber wortkarg und grob. Die sizilianische Großmutter hat Xeno in ihr Herz geschlossen und erzählt ihm viel von wundersamen Fabeltieren, die ihn fortan begeistern.

Im Internat entdeckt ein Geschichtslehrer Xenos  Interesse an der magischen Tierwelt und Bestiarien, alten Tierbüchern. Er weist ihn auf das verschollene Karawanenbuch hin: Ein spektakuläres Kompendium aller Tiere, die nicht auf Noahs Arche durften, weil sie als zwielichtig galten. Die Meeresschildkröte Zaratan, die groß wie eine Insel ist, die indische Schlange Naga, die Schätze auf dem Meeresgrund hütet, der Phönix, der Basilisk, der Hippogreif und der Menschlöwe Mantikor zum Beispiel.

Das Buch erzählt von Xenos Suche nach diesem Buch, die ihn nach Venedig, Paris und Kreta führt. Unterdessen wird Xeno erwachsen, erlebt die Hippie-Bewegung als Student, wird als Soldat im Vietnamkrieg, wird in Venedig Kumpan eines schillernden ungarischen Gelehrten und findet die Liebe.

Alles in allem ist dieses Buch mit knapp 400 Seiten deutlich zu lang geraten. Weder erzählt Christopher besonders spannend von der Jagd nach dem Karawanenbuch (Xeno rekonstruiert in Bibliotheken und Archiven einen historischen Besitzer des verlorenen Werks nach dem anderen), noch hat sein Leben besondere Wendungen zu bieten - wenigstens nichts, was nicht andernorts schon einmal besser erzählt wurde. Vor allem schafft es Christopher nicht, die Tiere, um die es doch geht, in irgendeiner Weise lebendig zu machen.

Charmant ist immerhin die Idee, Xeno selbst zum Tier-Retter à la Noah zu machen: Als im Senegal ein Naturpark aufgegeben wird, verlädt er die Wildtiere von dort auf das von seinem Vater geerbte Schiff und bringt sie nach Kenia. Schade, dass dieses Thema (Artenschutz, die Letzten ihrer Art, der Umgang mit dem Bedrohten, der Schutz vor dem Vergessen) nicht eingängiger thematisiert wird.

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