Freitag, 9. August 2013

Antonio Tabucchi: Der verschwundene Kopf des Damasceno Monteiro

Kann es sein, dass Antonio Tabucchi überschätzt wird? Vielleicht aber ist „Der verschwundene Kopf des Damasceno Monteiro“, ein Krimi von 1997, nur eines der schwächeren Werke des 2012 verstorbenen Autors. Das Buch lehnt sich an den realen Fall des 25-jährigen Carlos Rosa an, der 1996 in einem Kommissariat der Guarda Nacional Republica am Stadtrand Lissabons ermordet wurde. Seine Leiche fand man in einem Park, ohne Kopf und mit Zeichen von Mißhandlungen.
Tabucchi verlegt die Handlung nach Porto, der Ermordete heißt Damasceno Monteiro und ihm wird zum Verhängnis, dass er den Drogengeschäften der Polizei auf die Schliche gekommen ist. Tja, und da ist da der Journalist Firmino, der im Auftrag seiner Zeitung dem Fall nachgehen soll.
Und das ist dann reichlich skurril erzählt: Firmino fragt und bekommt auf jedes seiner Fragen eine ehrliche Antwort. Kein Misstrauen, keine Ablehnung, kein Zeitdruck, keine Drohungen. Eine Konkurrenz gibt es offenbar auch nicht und so landet Firmino einen Scoop nach dem anderen. Vielleicht wäre es dem Akademiker Tabucchi leichter gefallen, hier einen Uniprofessor allein durch Bücherrecherche ermitteln zu lassen. Von Journalismus versteht er jedenfalls nichts. Und dass er über Firmino ständig schreibt, dieser würde lieber einen Essay über den portugiesischen Neorealismus schreiben als Pressestorys, ist eine jämmerliche Krücke.
Zweiter Schwachpunkt ist die Figur des Anwalts, Fernando Diego Maria de Jesus de Mello de Sequeira, den die Menschen in Porto ob seiner Ähnlichkeit zu Charles Laughton in „Zeugin der Anklage“ als „Loton“ kennen. Er bleibt als Person blass, dient nur als Stichwortgeber für Ideen zu Recht und Gerechtigkeit, zur Justiz und den Normen, auf die sich alle berufen, die Unrecht tun. Dieser collageartige Essay ist durchaus interessant. Firmino und Loton können eine Wahrheit nach der anderen ans Licht bringen - sie ändern damit nichts. Der Schuldige kommt ungeschoren davon. Gegen einen kafkaesk-undurchschaubaren Apparat ist der Mensch machtlos. Er spürt nur "die Nadeln dieses Apparats, des Apparats der Strafkolonie, oder die Zigaretten, die auf der Haut ausgedrückt werden".

Ein spannendes Thema. Wenn es eben nur nicht so ungelenk, bemüht und zusammengestöpselt erzählt würde. Alles ist so offensichtlich konstruiert, so lieblos hingeklotzt. Auch die Stadt Porto ist recht farblos und ohne rechte Lust beschrieben.