Mittwoch, 7. November 2012

Augusto Cavadi: Die Mafia erklärt für Touristen

 
Ein Mitbringsel aus dem Sizilienurlaub. Aber der Titel führt in die Irre: Dieses 50-seitige Büchlein erklärt gar nichts. In Interviewform stellt sich der Autor selbst globale Fragen nach Ursprung, Struktur und Zukunft der Mafia, die er ebenso global und vage beantwortet.

Zu mehr als Binsenweisheiten reicht es nicht: Die Mafia hat sich immer an die jeweiligen politischen Verhältnisse angepasst. Frauen spielen in der Mafia - wie in der Gesellschaft überhaupt - eine immer wichtigere Rolle. Was die Zukunft der Mafia anbelangt, sollte man weder zu optimistisch noch zu pessimistisch sein. Aha.

Keine Namen, keine Fakten, keine Geschichten, keine Hintergründe. Aus journalistischer Sicht: ein schlechter Interviewer, der einem ausweichend antwortenden Gesprächspartner nicht auf den Zahn fühlt.

Der typisch mediterrane Sachbuchstil der Substantive und Schachtelsätze wird hier auf die Spitze getrieben. Das Ganze klingt wie eine mittelmäßige Uni-Hausarbeit. Was auch an dem miserablen 1:1-Übersetzer liegt, der sich keinerlei Mühe macht, auf die deutsche Sprache einzugehen. Vieles ist schlicht falsch übersetzt. Wer einen Mord veranlasst, ist ein Anstifter, kein "Mandant". Und was bitte ist "periti", ein Begriff, der einfach unübersetzt hingeklotzt wird?

Kostprobe: "Umso mehr, wenn man bedenkt, dass diese Jahrhunderte lange Verankerung auf ein Territorium wahrscheinlich die Mafia spezifisch kennzeichnet: ein Archipel von geheimen kriminellen Assoziationen einerseits und ein subtiles Gewebe von symbolhafter, ethischer und interpersoneller Beihilfe andererseits, Macht und finanzielle Gewinne zu erobern widmen." Capice?

Oder: "Und wenn es stimmt, dass gewisse Grundorientierungen, die für linke Parteien und Gewerkschaften typisch sind, für die Mafia grundsätzlich und kulturell schwer verträglich sind, hat diese Tatsache in der Vergangenheit nicht vermeiden können - und so könnte auch der Fall in der Zukunft sein -, dass die Mafiosi und ihre Freunde versucht haben, sich in linksorientierten Organisationen einzuschleichen und im allgemeinen das gleiche versuchen, immer wenn diese Organisationen aus der Opposition an Regierung kommen."

Fazit: Touri-Nepp. Finger weg.