Ein liebenswerter Fund, dieses Buch mit Nachdenkereien über das Reisen, die der (laut Google) Pfarrer Karl Reichle 1983 verfasst hat. Was ist der Sinn des Urlaubs, wie kann er uns reicher machen, wie können wir ihn sinnvoll gestalten? Wie kostbar und unverzichtbar das Reisen ist, haben wir in dieser Pandemiezeit ja schmerzlich erfahren.
In seinen Betrachtungen regt Reichle an, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, Kirchen, Burgen und Städte neugierig zu entdecken. Lernen, Nachdenken und Weiterdenken. Essen und Trinken, Feste besuchen, Fundstücke und Erinnerungen sammeln. Es gilt, schon die Reisevorbereitungen mit viel Zeit zu genießen und danach die Erinnerungen als Schätze zu hüten. Oder Orte mehrmals im Lauf des Lebens zu besuchen.
Mit der Zeit ist es freilich so eine Sache. Dieses Buch, Anfang der Achtzigerjahre erschienen, scheint viel mehr aus der Zeit gefallen als viel Älteres, etwa Merian-Hefte aus den Fünfzigern, die einfach alte, ferne Literatur sind. Reichles Buch ist auf eine andere Art überholt, hat eine seltsame Patina angesetzt - ja, so ist es wohl einmal gewesen - die vor Augen führt, dass seit seinem Erscheinen eine regelrechte Zeitenwende stattgefunden hat. Nur ein Beispiel: Zur Wahl des Urlaubsort schreibe man, so der Autor „An den Verkehrsverein“ und „An das Bürgermeisteramt“ und lege einen frankierten Rückumschlag bei, um ein Unterkunftsverzeichnis zu erhalten. Aus diesem wiederum schreibe man fünf Adressen an, wieder mit frankiertem Rückumschlag… Nicht nur der Umgang mit Zeit war damals ein anderer.
Dennoch ein echtes Vergnügen. Bruce Chatwin hat ähnliche Betrachtungen über das Reisen an sich verfasst, die große Klassiker geworden sind.
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