Packend porträtiert Grillparzer einen Menschen, der sich die Welt so einrichten möchte, dass er sich dort wohlfühlen kann - wie er sie gerne hätte, sie aber nicht ist. Er würde so gerne nach seinem eigenen Rhythmus und - langsameren - Tempo leben, doch das passt nicht zur Musik, die seine Mitmenschen machen. Er wird ausgenutzt und lächerlich gemacht, seine reine, unschuldige Seele macht ihn kaputt.
Darum geht es: Der Erzähler beobachtet am Rande eines Wiener Volksfestes einen alten Bettelmusikanten. Was der abgerissene Spielmann seiner Geige entlockt, „schien eine unzusammenhängende Folge von Tönen ohne Zeitmaß und Melodie“. Der von allen Verspottete, offensichtlich Unmusikalische spielt allerdings völlig untypisch mit Notenpult und Notenblatt und murmelt lateinische Worte vor sich hin - so weckt er die Neugier des Erzählers, der ihn zu Hause besucht.
Dort lauscht er erneut dem ungeschickten Spiel des Alten, der völlig in seine Musik vertieft ist. Langsam glaubt er, das System hinter der scheinbaren Kakophonie zu erkennen:
"Der Alte genoß, indem er spielte. Seine Auffassung unterschied hierbei aber schlechthin nur zweierlei, den Wohlklang und den Übelklang, von denen der erstere ihn erfreute, ja entzückte, indes er dem letztern, auch dem harmonisch begründeten, nach Möglichkeit aus dem Wege ging. Statt nun in einem Musikstücke nach Sinn und Rhythmus zu betonen, hob er heraus, verlängerte er die dem Gehör wohltuenden Noten und Intervalle, ja nahm keinen Anstand, sie willkürlich zu wiederholen, wobei sein Gesicht oft geradezu den Ausdruck der Verzückung annahm. Da er nun zugleich die Dissonanzen so kurz als möglich abtat, überdies die für ihn zu schweren Passagen, von denen er aus Gewissenhaftigkeit nicht eine Note fallen ließ, in einem gegen das Ganze viel zu langsamen Zeitmaß vortrug, so kann man sich wohl leicht eine Idee von der Verwirrung machen, die daraus hervorging.
Der Musikant beginnt zu erzählen, von einer unverstandenen Kindheit, lebenslangen Niederlagen, unerwiderter Liebe, schmählichem Betrug und immer tieferer Flucht in die Musik. Definitiv eine Erzählung, die lohnt, sie wieder und wieder zu lesen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen