Sonntag, 28. April 2019

Charlie Lovett: Der Buchliebhaber

So. Da habe ich nun also einen Liebesroman aus dem Goldmann-Verlag gelesen. Warum? Weil es in diesem Buch um die abenteuerliche Jagd nach einem verschlüsselten Manuskript in einer mittelalterlichen Klosterbibliothek, um einen Kreis von Bibliophilen und um die Artussage geht. Das steht nicht nur im Klappentext, sondern ist wirklich der Fall.

Im fiktiven englischen Ort Barchester lebt der etwa 40-jährige Universitätsdozent, Eigenbrötler, Mittelalterbegeisterte und Büchernarr Arthur Prescott. Arthur arbeitet an einem Kirchenführer zur Kathedrale, die auf dem Grund eines ehemaligen Klosters, gegründet von der heiligen Ewolda, steht. Da taucht die 14 Jahre jüngere US-amerikanische Studentin Bethany auf, die die alten Handschriften der wenig besuchten Kathedralbibliothek im Auftrag eines evangelikalen Milliardärs digitalisieren soll. Arthur und Bethany stellen fest, dass eines der Manuskripte fehlt - womöglich enthält es geheime Informationen zur Klostergründerin Ewolda und vielleicht auch zum Heiligen Gral. Sie machen sich auf die Suche und kommen sich dabei näher.

Es ist schön zu lesen, wie der ehemalige Antiquar und eingefleischte Büchersammler Lovett sein bibliophiles Wissen einwebt. So diskutieren Arthur und seine gleichgesinnten Freunde, die sich zu den Bücherfreunden Barchester zusammengeschlossen haben, ob Sammler die unbeschnittenen Seiten eines uralten Buches mit dem Messer öffnen sollten - schließlich sind Bücher da, um gelesen zu werden - oder sie jungfräulich und verschlossen belassen, um den Sammlerwert zu erhalten: Diese Frage stellt sich tatsächlich jeder Büchersammler irgendwann.

Leser erfahren zudem eine Menge über die Artussage und ihre literarischen Bearbeitungen, allen voran von Thomas Malory und Alfred Tennyson, über verschiedene Theorien zum Heiligen Gral, über Buchherstellung in mittelalterlichen Skriptorien, Einbände, Geheimschriften, den Geruch von Büchern, den Charme von Penguin-Taschenbüchern (…"die Seiten blätterten sich geschmeidig wie Sahne, die aus dem Krug rinnt, und während die meisten alten Taschenbücher irgendwann auseinanderfielen, reiften Penguins."), Kettenbücher, Bibliotheksregale und vieles, vieles mehr. Ein Genuss.

Aber dann finden sich doch immer wieder solche Klöpse:
"Ihm war gar nicht aufgefallen, wie düster der Raum gewesen war, bis Miss Davis ihn mit ihrer Anwesenheit zum Leuchten brachte."
oder auch:
"Die Morgensonne funkelte auf dem Wiesentau, und die Vögel zwitscherten so lieblich wie nie, als Arthur am Zaun lehnte..."
Inwieweit derlei Stilblüten mit der Übersetzung oder dem Lektorat zu tun haben, vermag ich nicht zu beurteilen.

Irgendwie uninspiriert erzählt wirkt auch die Liebesgeschichte, die sich zwischen Arthur und Bethany entspinnt. Die wenigen eingestreuten romantischen Szenen sind relativ nichtssagend und gerade gut, guten Gewissens überblättert zu werden. Fans des Liebesroman-Genres, die der Goldmann-Verlag mit rosa Schrift und Blümchen auf dem Cover zu ködern sucht, dürften enttäuscht sein.

Leider ist es ja so, dass Romane über Bücher und Bibliophile - von wenigen ruhmreichen Ausnahmen abgesehen - meist wenig originell und kreativ sind. Da ist das immerhin ein kleiner Ausreißer nach oben.

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