Dienstag, 13. Dezember 2016

Walter Moers: Das Labyrinth der träumenden Bücher

Diese Fortsetzung der faszinierenden Stadt der träumenden Bücher von 2004 hätte ich schon längst lesen sollen. Schließlich ist sie bereits 2011 erschienen. Immerhin habe ich es doch noch vor dem Erscheinen des dritten Teil von Walter Moers Buchhaim-Trilogie geschafft - weil dieser nun mehrfach angekündigt und immer wieder verschoben wurde, zuletzt auf unbestimmte Zeit.

"Sie Glückspilz! Denn dann können Sie es noch zum ersten Mal lesen! Wie ich Sie beneide!" (Zitat eines sogenannten Librinauten, eines Buchpiraten)

Autor und Erzähler (Walter Moers ist wie immer nur der Übersetzer aus dem Zamonischen) dieser Geschichte ist wie beim ersten Band der Dinosaurier Hildegunst vom Mythenmetz. Der zamonische Dichter-Titan leidet darunter, dass ihm das Orm, die dichterische Inspiration, verloren gegangen ist, und er zum satten, selbstzufriedenen Großdichter wurde. Da erreicht ihn eine folgenschwerer Brief. Der Schattenkönig, sein tot geglaubter großer Gegenspieler, sei wieder da.

Mythenmetz kehrt nach 200 Jahren an den Schauplatz seines großen Abenteuers zurück. Die Antiquariatsstadt Buchhaim ist nach dem verheerenden Brand teils aus versteinerten Büchern wieder aufgebaut worden. Mythenmetz entdeckt sie neu, vor allem nimmt ihn die Kunst des Puppenspiels gefangen, die in Buchheim eine Blüte erlebt. Als er schließlich einer Einladung in ein rätselhaftes unsichtbares Theater folgt, landet er unversehens wieder dort, wo er niemals hin wollte: Im unterirdischen Labyrinth der träumenden Bücher. 

Mit den Worten "Hier fängt die Geschichte an" endet das Buch. Das Schloss der träumenden Bücher, der angekündigte dritte Teil, löst dann hoffentlich vieles auf und erklärt so einiges, was in diese an inhaltlich-dramatischen Höhepunkten armen Vorspiel zunächst als Länge erscheint.

War die Stadt der träumenden Bücher eine faszinierende Liebeserklärung an das Buch, den Druck, die Sprache, die Fantasie, tut es ihr dieser Band gleich, ist aber gleichzeitig eine Hommage an das Puppentheater. Wie im Vorgängerband sprengt der Autor mit seiner Fantasiewelt alle Grenzen, stürzt sich kopfüber ins Abenteuer und fabuliert um sein Leben.

Dabei trifft er immer perfekt den Ton und behandelt die deutsche Sprache mit unvergleichlicher Liebe. Moers-Mythenmetz sprüht vor Ideen und streut im Vorbeigehen Hunderte weiterer möglicher Geschichten, ein. Die bloße Erwähnung eines Theaterstücks namens König Furunkel und der ertrunkene Donnerstag sorgt doch schon für bestes Kino im Kopf. Und dann ist wieder fröhliches Rätselraten angesagt: Welche Dichteranagramme verbergen sich hinter Zamoniens berühmten Literaten? Dölerich Hirnfidler ist Friedrich Hölderlin, Akud Ödreimer ist Eduard Mörike, Eiderich Fischnertz ist Friedrich Nietzsche und Heidler von Clirrfisch ist Friedrich von Schiller. Aber Artikularius Silbenpichler?

Das Foto des Labyrinths stammt von einer Walter-Moers-Ausstellung in Bad Mergentheim 2013.

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