Freitag, 13. Mai 2016

David Sedaris: Ich ein Tag sprechen hübsch

"Ich ein Tag sprechen hübsch". Das ist der sehnliche Wunsch der verstörten und verzweifelten Schüler eines Kurses für Erwachsene, die in Paris, unter der Knute einer sadistischen Französischlehrerin von einem besseren Leben träumen.

In verräucherten Korridoren zusammengerottet und das Beste aus unserem mitleiderregenden Französisch machend, pflegten meine Mitschüler und ich die Art von Konversation, wie man sie wohl meist in Flüchtlingslagern zu hören kriegt.
"Manchmal mich weine allein bei die Nacht."
"Das ist für mich gewöhnlich auch, aber sein mehr stark, du. Viel Arbeit, und ein Tag man hübsch spricht. Leute bald stoppen einen hassen. Vielleicht morgen, okay?"

Mittendrin in dieser Schar der Geknechteten ist David Sedaris. Wie dem Autor in diesen, 2000 erschienenen, Anekdoten aus seinem Leben überhaupt pausenlos Unrecht geschieht. Er muss gegen die hinterhältige Logopädin, den verständnislosen Gitarrenlehrer, den hölzernen Vater, seine peinlichen Landleute in Paris und eine ganz und gar unverständige Welt kämpfen. Und dann auch noch Raleigh, North Carolina, wo er aufzuwachsen verdammt ist. Nicht zu ertragen, der Arme. Allein auf verlorenem Posten. Wo er doch viel lieber, wie sein späterer Lebensgefährte Hugh, in Äthiopien unter der Plane eines Militärlasters zusammengepfercht worden wäre.

In seinen urkomischen, betont weinerlichen Stories ist Sedaris unschlagbar. Selbstironie und Doppelbödigkeit par excellence. Ein Schelmenroman von Christian Reuters (*1665) Gnaden. Aber bevor ich jetzt noch weiter groß auf der Metaebene herumschwadroniere: selber lesen.

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