Es geht durch ganz Baden-Württemberg mit dem Experten, der in den einzelnen Kapiteln gesuchte und beliebte Altertümer vorstellt: von gusseisernen Ofenplatten der Schwäbischen Hüttenwerke in Wasseralfingen und exquisitem Silberbesteck der WMF aus Geislingen über Schwarzwaldglas, Stuttgarter Bauhausmöbel, kunstvoll mit Silberfäden aus Gmünd und Keramik aus Lorch ausgestattete Rosenkränze, Gemälde von Sieger Köder, Fayencen aus Schrezheim, Märklin-Blechspielzeug aus Göppingen ... bis zum unverwüstlichen großen Steiff-Bär aus Giengen. Der Leser erfährt, dass Erhard & Söhne in Gmünd – heute als Auto-Zulieferbetrieb Teil des Magna-Konzerns – einst Aschenbecher und luxuriöse Schatullen mit Holz-Messing-Intarsien herstellte.
Die Reise durchs Antiquitätenländle wäre nur halb so unterhaltsam, würde Albert Maier dabei nicht munter aus dem Nähkästchen plaudern. Er erzählt, wie er Zeuge eines fast handgreiflichen Streit unter Gemälde-Erben wurde. Wie bei einer Nachlass-Auflösung ein Sparbuch auftauchte. Wie Kunden in seinem Laden zornig wurden, weil sie nicht glauben wollten, dass das mitgebrachte, naives Nachkriegsgemälde wertlos ist. Oder wie er einen besonderen Fund – einen geschliffenen Deckelpokal aus dem 17. Jahrhundert – stolz seiner Frau präsentieren wollte und dabei das 1000-Mark-Stück fallen ließ. Und er bedauert, dass er heutzutage auf Flohmärkten schnell als Antiquitätenexperte erkannt und daher ordentlich zur Kasse gebeten wird.
Aufgezeichnet hat Maiers Schilderungen der Fernsehjournalist Bernhard Foos. Er hat die Sprache nicht geschliffen, sondern lässt Maier so erzählen, wie man eben redet: einfach, ungekünstelt, lebensecht. Und ohne falsche Romantik: Bibeln sind wertlos, weiß Maier, selbst wenn sie 300 Jahre alt sind. Alter Schmuck wird fast immer nur zum Materialpreis angekaut. Porzellan, Zinn, Tiergemälde, Ofenplatten, Schwarzwälder Uhren – früher teuer, heute Ladenhüter.
Nebenbei schildert Maier auch seine Kindheit in Ellwangen, berichtet von der geliebten Oma, die der zum ungeliebten Rosenkranzgebet begleiten musste, von seinem Opa, dem weit gereisten „China-Michel, vom Kolonialwarenladen der Eltern und vom Palais Adelmann, wo der kleine Albert bei den Großeltern eine Klassenkameraden erstmals Barockmöbel, Gobelins, Porträtgemälden bestaunte.
Anfang der 1970-er, erinnert sich Maier, habe er in Aalen ausgemusterte Gefängnistüren kaufen können. Diese bot er in München zum Verkauf an: Sie fanden reißenden Absatz und sorgten sogar für einer Magazinstory im „Spiegel“. Beflügelt von dem Deal gab der junge Mann sein Jurastudium auf und klapperte fortan im VW-Bus die Flohmärkte ab.
Maiers Faszination steckt an. Sie macht Lust, über Flohmärkte zu streifen, in Antiquitätenläden nach Schätzen zu stöbern oder Museen in vergangene Zeiten zu reisen. Ein tolle Buch für alle Fans von Antiquitäten und Kunst, aber auch ein informatives Kompendium für alle, die an Regional- und Wirtschaftsgeschichte interessiert sind.
Albert Maier: Der Antiquitätenhändler. Auf der Suche nach verborgenen Schätzen. Aufgezeichnet von Bernhard Foos. Silberburg-Verlag. 173 Seiten. 19,99 Euro.
Erschienen in: Wirtschaft Regional, 24. Oktober 2019
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