Mittwoch, 28. April 2021

Lucy Lucas: Das kleine Hörbuch vom Yoga

Immer wieder hat Yoga meinen Weg gekreuzt, immer habe ich ihm große Sympathie und Neugier entgegengebracht, vieles ausprobiert, mich aber nie tiefergehend mit Yoga befasst. Abgesehen vielleicht von einem Uniseminar, in dem damals die Bhagavad Gita gelesen wurde - wenig ist davon hängengeblieben. 

Für Menschen wie mich bietet dieses Hörbuch einen guten Überblick. Es geht zwar weder in die Tiefe, noch klärt es das große Ganze, Grundsätzliche ganz auf. Das macht aber nichts, zum Einstieg in diese Welt ist es genau richtig. Tas Thema Religion bleibt gänzlich außen vor.

Lucy Lucas stellt verschiedenen Richtungen und Praktiken vor, führt die wichtigsten Begriffe ein und versucht, die Balance zwischen reiner Gymnastik, spiritueller Praxis und dem zugrundeliegenden Denken zu finden. 

In den theoretischen Teilen, aber auch wen Om-Singen oder Atemübungen erklärt werden, klappt das recht gut. An seine Grenzen stößt das Medium Hörbuch, wenn verschiedene Yogastellungen erklärt werden und einfache Übungen für Zuhause (etwa morgens im Bett) und Büro vorgestellt werden. Da wäre Anschauung dann doch recht hilfreich und es kann nicht schaden auf Youtube-Videos zurückzugreifen. Im Großen und Ganzen habe ich einiges mitgenommen, dieses Hörbuch war sicherlich keine Zeitverschwendung.

Dienstag, 20. April 2021

Thea Dorn: Trost

 Sind Bücher zur momentanen Lage oft schon bei ihrem Erscheinen obsolet, ist dieses - leider - immer noch hochaktuell: In einem Briefroman thematisiert Thea Dorn die Corona-Pandemie und die vielfältigen Reaktionen und Beschränkungen in ihren Auswirkungen auf das tägliche Leben der Menschen. In diesem Fall der Zeitungsjournalistin Johanna.


Diese schreibt Briefe an Max, ihren ehemaligen Philosophielehrer, der auf Capri lebt. Die Form des Briefromans: Na ja, sie musste eben irgendetwas wählen, und diesen Essay nicht als Thea Dorn zu schreiben. Natürlich frage ich mich: Gibt es wirklich Menschen, die so geistreiche, ausgefeilte und überlegte Briefe auf die Reise schicken? Aber sei's drum. Max jedenfalls antwortet höchst lakonisch. Manchmal gar nicht, dann wieder in Form einer Kunstpostkarte, auf der er Johanna etwas in zwei, drei Wörtern vor den Latz knallt.

Sehr viel Kluges zum Corona-Irrsinn ist da zu lesen. Manches kommt auch sehr verkopft daher. Diese Johanna holt immer wieder weit aus, möchte wie eine Musterschülerin vor dem verehrten Lehrer mit ihrem Wissen und den Gedankengängen glänzen. Hoffmannsthal und Canetti, Gryphius und  Ernst Jünger werden als Stichwortgeber, Vorbilder und Pandemie-Theoretiker zitiert.

Anfangs herrscht bei Johanna noch Wut auf ihre Mutter vor - eine lebenslustige Theateragentin, die sich von  Warnungen nicht beirren ließ und mitten im Lockdown eine Italienreise unternahm, auf der sie an Covid verstarb. Doch die Stimmung schlägt bald um. Johanna, die ihre Mutter nicht einmal auf dem Sterbebett sehen darf, ist wütend auf die "Maßnahmen", die Politiker nun allerorts verhängen:

„Wie eine Horde durchgegangener Sanitätsnashörner überbieten sie sich im Menschenlebenrettenwollen - und merken nicht, dass sie dabei die Menschlichkeit tottrampeln.“

Sie beobachtet eine Gesellschaft, in der grenzenloser Individualismus in blinden Herdentrieb umschlägt. Alles Namen der großen "Doktrin des Untotseins“. Hauptsache bei guter Gesundheit möglichst lange leben und konsumieren und dabei doch so leblos sein. Wenn der Tod nicht mehr als Teil des Lebens - etwa in Ritualen - wahrgenommen wird, glauben die Menschen an nichts anderes mehr als das (lange) Leben - und verbieten sich paradoxerweise alles, was das Leben lebenswert macht.

Johanna weiß, dass "sich das Leben nur umarmen lässt, wenn ich bereit bin, auch den Tod zu umarmen" und leidet darunter: "Was bringt es, sein Leben in Angst vor dem Tod zu verzittern? Erleben wir nicht gerade, wie das scheinbar Vernünftige ins Absurde umschlägt, wenn ganze Gesellschaften sich und ihren Mitgliedern aus Angst vor dem Tod das Leben verbieten?"

Wütend ist sie auch auf den „Stoa-Spießer“ Max - auf die Stoiker insgesamt, die Ertragen, Hinnehmen, Abfinden - oder heutzutage: "Resilienz" - predigen.

Als Hommage an das Leben, zu dem der Tod gehört, ist Trost auch als eine Art Fortsetzung von Dorns Roman Die Unglückseligen zu lesen. Ein wunderbares Fundstück präsentiert Thea Dorn/Johann aus
Hugo von Hoffmannsthals Der Tor und der Tod:

Du Tor! Du schlimmer Tor, ich will dich lehren, Das Leben, eh du's endest, einmal ehren. 

Sonntag, 11. April 2021

David Schalko: Bad Regina

 

„Unter allem lag Stille.“

Dass sie nicht über allem liegt, macht eben die literarische Qualität aus, so einfach ist das manchmal. Der Erzählstil erinnert an Thomas Kapielski, aber 400 Seiten sind einfach zu viel. Beim besten Willen.

Bad Regina: Ein einst mondäner Kurort in den österreichischen Alpen ist nur noch der Schatten seiner selbst, seit ein mysteriöser chinesischer Investor ein Haus nach dem anderen aufkauft und es leer stehen und verfallen lässt - ebenso die Hotels und Bars. Bad Regina wird zur Geisterstadt und die verbliebenen menschlichen Geister, die dort übrig geblieben sind, spüren den Verfall am eigenen Leib, jeder auf seine Art.

Die letzten Aufrechten beschließen, dem Chinesen zu entführen. Wie sie erst nach dessen Tod in einer verlassenen Berghöhlen-Disco (hat mich sehr an so einen Lost Place, den ich mal bei einer Wanderung an der Küste Mallorcas entdeckt habe, erinnert) herausstellt, war er nur der Handlanger eines jüdischen Bürgers von Bad Regina, der im Dritten Reich vertrieben wurde. 

Um mir Vergnügen zu bereiten, ist dieses Buch schlichtweg zu dick, zu breit und braucht zu lange, um Neues zu bringen. Und es bringt zu wenig davon.