Ein Klassikliebhaber schlendert durch Paris und denkt über die Musik und seinen verstorbenen gleichgesinnten Freund Markus Berger nach. Das ist eigentlich kein “Romanbericht”, wie es im deutschen Untertitel heißt, sondern ein Essay im Plauderton. Dann und wann kommt es auch wehmütig, sentimental oder zornig daher.
Gleich vorneweg: Es ist ein umwerfend gutes Buch, das herrlich durchkomponiert ist und mit der Dynamik und den Tempi spielt. Die Sprache ist klangvoll – auch noch in der deutschen Übersetzung von Regine Hermannsdörfer (deutsche Ausgabe 2007).
Wenn nur der dämliche Titel nicht wäre. „Stille in Montparnasse“ – im Original heißt es "Récital. Une interprétation."
In jedem Fall wird hier ganz viel Wahres, lange Geahntes und endlich Wiedergefundenes über Musik, Musik und Meer, Musik und Gesellschaft erzählt. Auch viel Originelles, wie die Erkenntnis, dass man für Musik unbedingt Alkohol braucht (um zu ihrer unaushaltbaren Fülle zu gelangen).
Darüber denkt der Erzähler nach: Dass man immer wieder in Konzerte geht, jedesmal in der Hoffnung, "eines der verborgenen Zeichen Gottes zu finden, das Absolute der Musik.” Dass der Mensch stets auf der Suche nach der allerletzten, ununterbrochenen Melodie ist. Dass in der Welt der Künstler nur der absolute Erfolg von Bedeutung ist. Wer kein Alban Berg ist , ist ein Nichts.
Wie eine Lichtgestalt verehrt der Erzählers den Bariton Hermann Prey: “Er sang mit der Leere seins Körpers”, gegen ihn waren Elvis Presley und Frank Sinatra “lediglich Prothesenwisperer”. Treffsicher und mit viel Ironie beschrieben, gibt er sich allabendlich gefühlt deutscher Gemütlichkeit und romantischer Wiesengrund-Schwärmerei, hört Hermann Prey und trinkt Schladerer-Himbeergeist. Zum Wohle.
Auch zu einer verschämten Liebeserklärung an Chansons und Pop-Ohrwürmer lässt er sich hinreißen. Vor allem ist das Buch aber eine - bewusst übertriebene - Schmipfrede gegen alle, die Musik sagen und doch nur Lärm meinen. “Ich muss Stille fordern (…) im Namen der Musik.”
Stille ist manchmal großartig. Aber nur, weil es die Musik gibt.
Stille ist manchmal großartig. Aber nur, weil es die Musik gibt.