"Außerhalb der Circle-Mauern gab es bloß Lärm und Kampf, Versagen und Dreck. Hier dagegen war alles vollkommen."
Alles schöner, alles sauberer, alles perfekt: Wie bei einer Sekte eben.
"Das Unternehmen hatte so viele Projekte laufen, bot soviel Menschlichkeit und Wohlbefinden, leistete soviel Pionierarbeit an allen Fronten, dass sie allein schon durch ihre Nähe zu den Circlern ein besserer Mensch wurde, da war sie sicher".
Es geht um nicht weniger, als die Menschen zu ihrem Glück zu zwingen. Wer widerspricht, wird bekehrt - zur Not gewaltsam. Dem Circle steht mit dem Heilsprediger Bailey, dem profitgierigen Stenton und dem weltfremde Entwickler Ty, dem die Kontrolle über seine Erfindungen längst entglitten ist, eine Troika vor, die so realitätsfremd nicht ist. Das gilt auch für die beschriebenen Technologien. Alles wäre bereits heute möglich (und könnte in ähnlicher Form auch so eintreten) - von Science Fiction keine Rede.
Aber es ist spannend, die immer weiter greifende Ausbreitung dieser Datenkrake und Maes Weg zwischen Auflehnung und fanatischer Begeisterung zu verfolgen. Besonders zum Ende hin ist das Buch ein echter Pageturner - ein Umblätterer. Das liegt auch an den Fragen, die es aufwirft.
Wie kommt es, dass sich die Netz-Öffentlichkeit in unsere Handlungen schleicht? Was verursacht den Impuls, ein schönes Erlebnis, einen besuchten Ort, ein Treffen mit Freunden per Handy abzulichten und zu teilen - als hätten sie sonst nicht stattgefunden? Wieso verzichten wir freiwillig oder aus sozialem Druck auf immer mehr Privatsphäre, die immerhin einmal eine große Errungenschaft der Aufklärung war? Woher rührt das grenzenlose Vertrauen die Weisheit des Kollektivs, das letztlich doch von einem Monopolisten gesteuert wird? Wieviel sind Sicherheit und Freiheit, Fortschritt und Fantasie wert? Die Diskussion hat gerade erst begonnen - hoffentlich nicht zu spät.
"Das Unternehmen hatte so viele Projekte laufen, bot soviel Menschlichkeit und Wohlbefinden, leistete soviel Pionierarbeit an allen Fronten, dass sie allein schon durch ihre Nähe zu den Circlern ein besserer Mensch wurde, da war sie sicher".
Den Menschen verbessern, die Menschheit beglücken, das machen die Circler mit immer neuen Ideen und Produkten: Minikameras an allen erdenklichen Orten der Welt lassen Verbrechen schwinden, Chips, in die Knochen von Kindern eingepflanzt, machen Entführungen unmöglich. Ein Projekt durchleuchtet minutiös die Vergangenheit jedes erdenklichen Menschen und seiner Vorfahren, ein anderes ersetzt politische Wahlen und Paralmente durch transparente Abstimmungen im Circle-Netzwerk.
Unermessliches Heil durch umfassende Transparenz: "Mae, wir wären endlich gezwungen, bessere Menschen zu sein", sagt Circle-Boss Bailey und verdonnert die junge Frau umgehend dazu, sich mit einer Kamera um den Hals auf Schritt und tritt von der Netzgemeinde beobachten zu lassen: Mae macht begeistert mit.
Es geht um nicht weniger, als die Menschen zu ihrem Glück zu zwingen. Wer widerspricht, wird bekehrt - zur Not gewaltsam. Dem Circle steht mit dem Heilsprediger Bailey, dem profitgierigen Stenton und dem weltfremde Entwickler Ty, dem die Kontrolle über seine Erfindungen längst entglitten ist, eine Troika vor, die so realitätsfremd nicht ist. Das gilt auch für die beschriebenen Technologien. Alles wäre bereits heute möglich (und könnte in ähnlicher Form auch so eintreten) - von Science Fiction keine Rede.
Deutlich orientiert sich diese moderne Dystopie an Weltliteratur wie Aldous Huxleys "Schöne Neue Welt" - die totale Kontrolle der Menschheit durch eine kleine Gruppe geschieht hier wie dort zum angeblichen Wohle aller. Noch augenfälliger sind die Parallelen zu George Orwells totalitärem Polit-Szenario in "1984". Die Parolen, die der Circle ausgibt "Geheimnisse sind Lügen. Teilen ist Heilen. Alles Private ist Diebstahl." ähneln frappierend den Neusprech-Leitideen aus "1984": „Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke."
Von überzeichnet über platt bis peinlich geraten sind in Eggers Roman die meisten der Figuren. Da ist der karrieregeile Unsympath Francis mit seinen extrem frühzeitige Ejakulationen, der für jeden Sex von Mae auf einer Skala von 1 bis 100 gerankt werden will, noch einer der gelungenen.
Aber es ist spannend, die immer weiter greifende Ausbreitung dieser Datenkrake und Maes Weg zwischen Auflehnung und fanatischer Begeisterung zu verfolgen. Besonders zum Ende hin ist das Buch ein echter Pageturner - ein Umblätterer. Das liegt auch an den Fragen, die es aufwirft.
Wie kommt es, dass sich die Netz-Öffentlichkeit in unsere Handlungen schleicht? Was verursacht den Impuls, ein schönes Erlebnis, einen besuchten Ort, ein Treffen mit Freunden per Handy abzulichten und zu teilen - als hätten sie sonst nicht stattgefunden? Wieso verzichten wir freiwillig oder aus sozialem Druck auf immer mehr Privatsphäre, die immerhin einmal eine große Errungenschaft der Aufklärung war? Woher rührt das grenzenlose Vertrauen die Weisheit des Kollektivs, das letztlich doch von einem Monopolisten gesteuert wird? Wieviel sind Sicherheit und Freiheit, Fortschritt und Fantasie wert? Die Diskussion hat gerade erst begonnen - hoffentlich nicht zu spät.