Neues vom meistbesprochenen Autor in diesem Blog. Der fünfte Teil der Serie um den stilvoll verarmenden Kunst-Ermittler Johann Friedrich von Allmen, die leider, leider immer schwächer wird.
Diesmal ist Allmen so abgebrannt, dass er in der Bibliothek der exklusiven literarischen Gesellschaft ein kleines Fabergé-Ei mitgehen lässt. Leider wird er dabei vom Sicherheits-Dienstleister Bill Krähenbühler gefilmt - und erpresst. Krähenbühler zwingt ihn, in ein Lagerhaus einzusteigen und die Erotica-Sammlung eines ehemals umtriebigen, jetzt aber frömmelnden Porzellanhändlers zu stehlen. Der Diebstahl klappt und fortan geht es darum, die Stücke zu verscherbeln.
Leider fehlt diesem Buch schon wieder alles, was einen guten Suter-Krimi ausmacht: Die zwingende Handlung, die unerträglichen Gefahrsituationen und Peinlichkeiten, die unfassbaren Eskapaden des Helden, die faszinierenden Wendungen, die Doppelbödigkeit und die aberwitzige Schlusspointe. Schade. Aber natürlich werde ich auch den sechsten Teil lesen. Vielleicht wird's ja wieder mal so einer.
Montag, 18. März 2019
Sonntag, 17. März 2019
Iso Camartin: Die Bibliothek von Pila
Die Grundidee dieses 1994 veröffentlichten Buches könnte von mir sein. Der Schweizer Publizist Iso Camartin hat sich in ein Bauernhaus in Pila zurückgezogen. Das Dorf liegt im Oberengadin auf 1800 Metern Höhe. Im Rucksack trägt er seine Lieblingsbücher, über die er hier in zwölf Essays die Gedanken frei schweifen lässt: Er schaut ihren Hauptfiguren über die Schulter, dringt in die Gedanken der Autoren ein und stellt eigene Überlegungen an.
Es sind allesamt Klassiker. Die Bibel ("das große Wunderbuch der schönen und fesselnden Ungereimtheiten") Dante, Petrarca, Theodor Fontane, Franz Kafka und viele mehr. Der Autor führt durch die Bücher - so wie Vergil den Dichter in der Göttlichen Komödie durch die Bezirke der Hölle führt.
Als Leser des Lesers Camartin ist dieses Vorgehen spannend und unterhaltsam, wenn man die Werke selbst kennt oder vor Jahren gelesen hat und die Lektüre hier nun quasi wiederholt, auffrischt, vertieft. Sehr gut gefiel mir das bei Gogols Die Toten Seelen, dessen unvergleichlich intensive Charaktere Camartin auferstehen lässt - und ihre Doppelgänger in Graubünden aufmarschieren lässt. Anhand der faszinierenden "Augenlehre der Madame Chauchat" aus Thomas Manns Zauberberg lotet Camartin die Untiefen menschlicher Anziehung aus.
Bei Werken, die ich nicht gelesen habe wie etwa Denis Diderots Rameaus Neffe oder Virginia Woolfs Orlando diese Art ist diese Art von Sekundärliteratur schwierig. Wer die zugrundeliegenden Werke nicht kennt, hat Schwierigkeiten, Camartins mitunter frei drehenden Gedanken zu folgen, die sich immer wieder in Verästelungen verlieren und die Geschichten manchmal auch weinterspinnen - und sie schließlich auch noch zur Dorf- und Bergwelt in Pila in Beziehung setzen.
Die Betrachtungen zu Carlo Levis Christus kam nur bis Eboli sind einer der wenigen Fälle, in denen Camartin die Handlung so ausführliche erzählt, dass sie der unkundige Leser nachvollziehen - und sich an den weiterführenden Gedanken erfreuen - kann.
Von jüdischen Gelehrten hat Camartin gelernt: "Wer das Buch liebt, lieb das Leben." Schön ist, was über Das Wunder des Lesens und seine Beziehung zum Leben gesagt wird. Schon eine winzige Bibliothek, die in einen Rucksack passt, ist eine ganze Welt.
"Der Ort, an dem du dich befindest, ist nicht mehr das Bauernhaus mit den zu niedrigen Querbalken (…) Lesend verlierst du deine unmittelbare Lebenswelt, um in eine ganz andere einzudringen. Vom fliegenden Teppich der Erzählung fortgetragen, bist du auf einmal mitten in Paris."
Es sind allesamt Klassiker. Die Bibel ("das große Wunderbuch der schönen und fesselnden Ungereimtheiten") Dante, Petrarca, Theodor Fontane, Franz Kafka und viele mehr. Der Autor führt durch die Bücher - so wie Vergil den Dichter in der Göttlichen Komödie durch die Bezirke der Hölle führt.
Als Leser des Lesers Camartin ist dieses Vorgehen spannend und unterhaltsam, wenn man die Werke selbst kennt oder vor Jahren gelesen hat und die Lektüre hier nun quasi wiederholt, auffrischt, vertieft. Sehr gut gefiel mir das bei Gogols Die Toten Seelen, dessen unvergleichlich intensive Charaktere Camartin auferstehen lässt - und ihre Doppelgänger in Graubünden aufmarschieren lässt. Anhand der faszinierenden "Augenlehre der Madame Chauchat" aus Thomas Manns Zauberberg lotet Camartin die Untiefen menschlicher Anziehung aus.
Bei Werken, die ich nicht gelesen habe wie etwa Denis Diderots Rameaus Neffe oder Virginia Woolfs Orlando diese Art ist diese Art von Sekundärliteratur schwierig. Wer die zugrundeliegenden Werke nicht kennt, hat Schwierigkeiten, Camartins mitunter frei drehenden Gedanken zu folgen, die sich immer wieder in Verästelungen verlieren und die Geschichten manchmal auch weinterspinnen - und sie schließlich auch noch zur Dorf- und Bergwelt in Pila in Beziehung setzen.
Die Betrachtungen zu Carlo Levis Christus kam nur bis Eboli sind einer der wenigen Fälle, in denen Camartin die Handlung so ausführliche erzählt, dass sie der unkundige Leser nachvollziehen - und sich an den weiterführenden Gedanken erfreuen - kann.
Von jüdischen Gelehrten hat Camartin gelernt: "Wer das Buch liebt, lieb das Leben." Schön ist, was über Das Wunder des Lesens und seine Beziehung zum Leben gesagt wird. Schon eine winzige Bibliothek, die in einen Rucksack passt, ist eine ganze Welt.
"Der Ort, an dem du dich befindest, ist nicht mehr das Bauernhaus mit den zu niedrigen Querbalken (…) Lesend verlierst du deine unmittelbare Lebenswelt, um in eine ganz andere einzudringen. Vom fliegenden Teppich der Erzählung fortgetragen, bist du auf einmal mitten in Paris."
Mittwoch, 13. März 2019
Marc-Uwe Kling: Qualityland
Eine schöne neue Welt hat der Autor der kultigen Känguru-Episoden in diesem Zukunftsroman entworfen. Ich habe der Live-Lesung als Hörbuch gelauscht.
Im Staate Qualityland herrscht totale Technik und damit totale Überwachung und Kontrolle. IT-Konzerne beherrschen mit ihren Maschinen und Algorithmen eine auf Dekadenz getrimmte Menschheit. Wie in Orwells 1984 werden schon die Wörter manipuliert (nur noch Superlative sind erlaubt), wie in Huxleys Schöne neue Welt ist alles auf Wohlfühlen ("Quality" eben) getrimmt. So lange man sich mit dem System arrangiert, ist alles Quality: Das gilt besonders, wenn man zu den Menschen mit hohem Level gehört - dann darf man sogar Ampeln bei Bedarf auf Grün stellen.
Das Level - den Marktwert eines Menschen - stufen Algorithmen herauf oder herunter: Wer Level 9 oder niedriger besitzt, zählt offiziell zu den "Nutzlosen". Einfluss auf diese Algorithmen, die die Partnersuche für die Menschen komplett übernehmen oder Waren aus dem Online-Shop auch ohne Bestellung verschicken, haben Normalsterbliche nicht. Nur John of Us, der menschenähnliche Roboter, der als Präsidentschaftskandidat antritt, kann angeblich mit Algorithmen reden. Johns einziger Gegenkandidat ist ein widerlicher Rechtspopulist. Überhaupt erscheinen die Roboter und Maschinen in diesem Buch durchweg sympathischer (und "menschlicher"?) als die Menschen.
Der Held ist aber dennoch ein Mensch: Peter Arbeitsloser (jeder bzw. jede erhält als Nachnamen jetzt den Beruf von Vater bzw. Mutter zum Zeitpunkt der Zeugung). Peter macht nicht mehr mit. Das ist nun nicht sooo verwunderlich. Denn in solcherlei Romandystopien gibt es anscheinend einen Königsweg bei der Handlung: Winston Smith ist in 1984 der Aussteiger, der sich dem System entziehen will, Mercer ist es in Der Circle.
Peter ist ein Loser auf Level 9, verlassen von seiner Freundin, Inhaber einer Schrottpresse, mit der er ausrangierte, weil defekte Maschinen und Roboter beseitigen soll. Reparieren ist verboten in Qualityland - das Konsumschutzgesetz will es so. Illegalerweise zerstört Peter aber diese fehlerhaften Geräte nicht, sondern beherbergt sie in seinem Keller: Den Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung, die Drohne mit Flugangst, ein sehr känguruähnliches "Quality"-Pad und einige mehr.
Der Konflikt beginnt, als Peter ungefragt ein rosafarbener Delfin-Vibrator zugeschickt wird und sich der Onlineversand TheShop weigert, das unerwünschte Produkt zurückzunehmen: Der Konzern denkt gar nicht daran, einen Fehler seiner Algorithmen einzugestehen und einen Präzedenzfall zu schaffen. Also startet Peter den Aufstand. Mithilfe eines weisen alten Nerds, der unberechenbaren Hackerin Kiki und der Armee aus Schrottrobotern zieht er gegen das Establishment zu Felde. Wie Michael Kohlhaas - Kleists Roman muss für viele Anspielungen herhalten, ebenso wie Kubricks 2001, Asimovs Roboterromane und vieles mehr - kämpft er um sein Recht.
Spaß macht vor allem die stimmige und runde Handlung, deren Schlusspointe - ein gutes Zeichen! - viele Deutungen zulässt. Gestrickt ist sie um Fragen von Fremdbestimmtheit und Manipulation. Machen wir uns freiwillig zu Marionetten von Wirtschaftsinteressen, weil wir uns gerne betrügen lassen? Haben wir überhaupt Interesse an der Kontrolle über unsere eigenen Daten oder siegen Bequemlichkeit und Trägheit immer über den Drang zu Freiheit und Selbstbestimmung? Interessiert diese Freiheit überhaupt irgendjemanden? Klings Buch lässt illusionslos zurück.
Neulich wurde berichtet, dass Facebook Jugendlichen 20 Euro im Monat spendierte, wenn sie dem Konzern freiwillig Einblick in ihre komplette Smartphone-Nutzung gewährten. Spiegel Online kam zu dem ernüchternden Fazit, dass unsere Daten, die uns so kostbar erscheinen (und mit denen wir im Netz ja angeblich "bezahlen") in Wirklichkeit sogar nur einen winzigen Bruchteil dieser 20 Euro wert sind. So richtig wichtig ist der Einzelne nicht.
Zurück zum Hörbuch: Der langjährige Kreuzberger Poetry Slammer Kling ist in seinem Element, wenn er mit hoher Schlagzahl Pointen und Effekte serviert, vieles ist genial, manches ist platt, aber fast alles ist lustig. Klings Vortragsweise macht die Hörbuchversion obendrein zu einem speziellen Vergnügen.
Qualityland wurde in zwei Ausgaben aufgelegt - einer dunklen und einer hellen - die sich aber laut Auskunft des Autors auf seiner Webseite nur in den zwischengeschalten Werbeblöcken unterscheiden. Ich habe nur die "dunkle Version" gehört.
Im Staate Qualityland herrscht totale Technik und damit totale Überwachung und Kontrolle. IT-Konzerne beherrschen mit ihren Maschinen und Algorithmen eine auf Dekadenz getrimmte Menschheit. Wie in Orwells 1984 werden schon die Wörter manipuliert (nur noch Superlative sind erlaubt), wie in Huxleys Schöne neue Welt ist alles auf Wohlfühlen ("Quality" eben) getrimmt. So lange man sich mit dem System arrangiert, ist alles Quality: Das gilt besonders, wenn man zu den Menschen mit hohem Level gehört - dann darf man sogar Ampeln bei Bedarf auf Grün stellen.
Das Level - den Marktwert eines Menschen - stufen Algorithmen herauf oder herunter: Wer Level 9 oder niedriger besitzt, zählt offiziell zu den "Nutzlosen". Einfluss auf diese Algorithmen, die die Partnersuche für die Menschen komplett übernehmen oder Waren aus dem Online-Shop auch ohne Bestellung verschicken, haben Normalsterbliche nicht. Nur John of Us, der menschenähnliche Roboter, der als Präsidentschaftskandidat antritt, kann angeblich mit Algorithmen reden. Johns einziger Gegenkandidat ist ein widerlicher Rechtspopulist. Überhaupt erscheinen die Roboter und Maschinen in diesem Buch durchweg sympathischer (und "menschlicher"?) als die Menschen.
Der Held ist aber dennoch ein Mensch: Peter Arbeitsloser (jeder bzw. jede erhält als Nachnamen jetzt den Beruf von Vater bzw. Mutter zum Zeitpunkt der Zeugung). Peter macht nicht mehr mit. Das ist nun nicht sooo verwunderlich. Denn in solcherlei Romandystopien gibt es anscheinend einen Königsweg bei der Handlung: Winston Smith ist in 1984 der Aussteiger, der sich dem System entziehen will, Mercer ist es in Der Circle.
Peter ist ein Loser auf Level 9, verlassen von seiner Freundin, Inhaber einer Schrottpresse, mit der er ausrangierte, weil defekte Maschinen und Roboter beseitigen soll. Reparieren ist verboten in Qualityland - das Konsumschutzgesetz will es so. Illegalerweise zerstört Peter aber diese fehlerhaften Geräte nicht, sondern beherbergt sie in seinem Keller: Den Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung, die Drohne mit Flugangst, ein sehr känguruähnliches "Quality"-Pad und einige mehr.
Der Konflikt beginnt, als Peter ungefragt ein rosafarbener Delfin-Vibrator zugeschickt wird und sich der Onlineversand TheShop weigert, das unerwünschte Produkt zurückzunehmen: Der Konzern denkt gar nicht daran, einen Fehler seiner Algorithmen einzugestehen und einen Präzedenzfall zu schaffen. Also startet Peter den Aufstand. Mithilfe eines weisen alten Nerds, der unberechenbaren Hackerin Kiki und der Armee aus Schrottrobotern zieht er gegen das Establishment zu Felde. Wie Michael Kohlhaas - Kleists Roman muss für viele Anspielungen herhalten, ebenso wie Kubricks 2001, Asimovs Roboterromane und vieles mehr - kämpft er um sein Recht.
Spaß macht vor allem die stimmige und runde Handlung, deren Schlusspointe - ein gutes Zeichen! - viele Deutungen zulässt. Gestrickt ist sie um Fragen von Fremdbestimmtheit und Manipulation. Machen wir uns freiwillig zu Marionetten von Wirtschaftsinteressen, weil wir uns gerne betrügen lassen? Haben wir überhaupt Interesse an der Kontrolle über unsere eigenen Daten oder siegen Bequemlichkeit und Trägheit immer über den Drang zu Freiheit und Selbstbestimmung? Interessiert diese Freiheit überhaupt irgendjemanden? Klings Buch lässt illusionslos zurück.
Neulich wurde berichtet, dass Facebook Jugendlichen 20 Euro im Monat spendierte, wenn sie dem Konzern freiwillig Einblick in ihre komplette Smartphone-Nutzung gewährten. Spiegel Online kam zu dem ernüchternden Fazit, dass unsere Daten, die uns so kostbar erscheinen (und mit denen wir im Netz ja angeblich "bezahlen") in Wirklichkeit sogar nur einen winzigen Bruchteil dieser 20 Euro wert sind. So richtig wichtig ist der Einzelne nicht.
Zurück zum Hörbuch: Der langjährige Kreuzberger Poetry Slammer Kling ist in seinem Element, wenn er mit hoher Schlagzahl Pointen und Effekte serviert, vieles ist genial, manches ist platt, aber fast alles ist lustig. Klings Vortragsweise macht die Hörbuchversion obendrein zu einem speziellen Vergnügen.
Qualityland wurde in zwei Ausgaben aufgelegt - einer dunklen und einer hellen - die sich aber laut Auskunft des Autors auf seiner Webseite nur in den zwischengeschalten Werbeblöcken unterscheiden. Ich habe nur die "dunkle Version" gehört.
Samstag, 2. März 2019
Ann Patchett: Aus Liebe zum Buch
Die US-amerikanische Autorin Ann Patchett beschreibt in diesem Büchlein, wie sie in ihrer Heimatstadt Nashville den unabhängigen Buchladen Parnassus Books eröffnete, nachdem sich die letzte Buchhandelskette zurückgezogen hatte. Das beste an diesem Buch ist eigentlich der englische Originaltitel The bookstore strikes back. Warum heißt es auf deutsch nicht Der Buchladen schlägt zurück? Glaubte der Verlag, mit dem behäbigen Titel mehr Käufer zu gewinnen?
"In den Einzelhandel zog es mich so sehr wie zum Militär", schreibt die Erfolgsautorin Patchett über ihre eigenen Vorbehalte, sich - bei aller Liebe zum Buch - in das Wagnis Buchhandlung zu stürzen. Schließlich findet sie aber eine ehemalige Verlagsvertreterin als Partnerin: Diese betreibt Parnassus Books, Patchett ist die Inhaberin und macht gleichzeitig in Interviews und auf ihren Lesereisen Werbung für Parnassus und andere kleine, unabhängige Buchhandlungen.
Es gäbe eigentlich viel, worüber die Autorin auf diesen 52 Seiten plaudern könnte: Die Schwierigkeiten, die das Unternehmen mit sich bringt, die Gründe, die Käufer trotz allem in die kleinen Buchhandlungen locken, der Unterschied zu großen Buchhandelsketten und dem Internethandel, besondere Bücher, besondere Kunden... Sie könnte Anekdoten erzählen, angehenden Buchhändlern Tipps geben (oder sie warnen), Lust auf den Bücherkauf machen. All das fehlt in diesem lustlosen Bericht, dessen einziger Inhalt ist: Ja, die Buchhandlung wurde eröffnet und sie ist ein Erfolg. Ein Buch, das man sich schenken kann...
"In den Einzelhandel zog es mich so sehr wie zum Militär", schreibt die Erfolgsautorin Patchett über ihre eigenen Vorbehalte, sich - bei aller Liebe zum Buch - in das Wagnis Buchhandlung zu stürzen. Schließlich findet sie aber eine ehemalige Verlagsvertreterin als Partnerin: Diese betreibt Parnassus Books, Patchett ist die Inhaberin und macht gleichzeitig in Interviews und auf ihren Lesereisen Werbung für Parnassus und andere kleine, unabhängige Buchhandlungen.
Es gäbe eigentlich viel, worüber die Autorin auf diesen 52 Seiten plaudern könnte: Die Schwierigkeiten, die das Unternehmen mit sich bringt, die Gründe, die Käufer trotz allem in die kleinen Buchhandlungen locken, der Unterschied zu großen Buchhandelsketten und dem Internethandel, besondere Bücher, besondere Kunden... Sie könnte Anekdoten erzählen, angehenden Buchhändlern Tipps geben (oder sie warnen), Lust auf den Bücherkauf machen. All das fehlt in diesem lustlosen Bericht, dessen einziger Inhalt ist: Ja, die Buchhandlung wurde eröffnet und sie ist ein Erfolg. Ein Buch, das man sich schenken kann...
Luis Sellano: Portugiesisches Erbe
Manchmal wünsche ich mir, aus zwei Büchern eins zu machen. Da wären zum einen dieser Lissabon-Krimi des Schwaben Oliver Kern, der sich Luis Sellano nennt - und zum anderen der moderne Klassiker "Nachtzug nach Lissabon" des Schweizers Peter Bieri, der wiederum das Pseudonym Pascal Mercier führt.
Beide Romane nähern sich Lissabon aus der mitteleuropäischen Perspektive und mithilfe mitteleuropäischer Hauptfiguren. Merciers Werk ist sprachgewaltig, gewandt, poetisch und politisch. Aber - so zumindest habe ich es in Erinnerung - es fesselt nicht gerade angesichts seiner behäbigen Handlung.
Sellanos Auftakt einer Reihe von Lissabon-Krimis hingegen besitzt einen spannenden, farbigen Plot, der von der ersten bis zur letzten Seite packt: Ein Deutscher erbt von seinem Onkel ein Antiquariat in Portugal und bemerkt gleich nach seiner Ankunft, dass die Bücherschatzkammer auch ein Archiv der ungelösten Verbrechen ist. Er stößt auf Kinderleichen in Weinfässern und einen besessenen Mönch in einem Klosterturm legt sich mit einem Industriellenclan an, trifft einen schweigsamen Travestiekünstler sowie viele portugiesische Frauen, deren Herzen ihm reihenweise zufliegen.
Andererseits ist Sprache Sellanos ungelenk, wenig pointiert, manchmal klischeehaft bis altklug: "Die naheliegende Erklärung für sein verzögertes Reaktionsvermögen war wohl den in Cannabispflanzen enthaltenen Wirkstoffen geschuldet", heißt es unvermittelt über eine Person. Oder: "Seine Verlegenheit nahm zu, nun spürte er Röte in seinen Wangen sprießen." (sic!) Oder: "Ihr erster Kuss brannte, wegen der aufgeschlagenen Lippe. Alle, die folgten, brannten aus purer Leidenschaft."
Nicht immer sind die Dialoge glaubwürdig, nicht alle Wendungen ergeben sich zwingend. Aber im Ganzen ist das doch ein gut zu lesender, abwechslungsreicher Krimi. Zumal Sellano auch schwierige Stellen wie Verfolgungsjagden und Schlägereien erzählerisch sehr gut meistert.
Beide Romane nähern sich Lissabon aus der mitteleuropäischen Perspektive und mithilfe mitteleuropäischer Hauptfiguren. Merciers Werk ist sprachgewaltig, gewandt, poetisch und politisch. Aber - so zumindest habe ich es in Erinnerung - es fesselt nicht gerade angesichts seiner behäbigen Handlung.
Sellanos Auftakt einer Reihe von Lissabon-Krimis hingegen besitzt einen spannenden, farbigen Plot, der von der ersten bis zur letzten Seite packt: Ein Deutscher erbt von seinem Onkel ein Antiquariat in Portugal und bemerkt gleich nach seiner Ankunft, dass die Bücherschatzkammer auch ein Archiv der ungelösten Verbrechen ist. Er stößt auf Kinderleichen in Weinfässern und einen besessenen Mönch in einem Klosterturm legt sich mit einem Industriellenclan an, trifft einen schweigsamen Travestiekünstler sowie viele portugiesische Frauen, deren Herzen ihm reihenweise zufliegen.
Andererseits ist Sprache Sellanos ungelenk, wenig pointiert, manchmal klischeehaft bis altklug: "Die naheliegende Erklärung für sein verzögertes Reaktionsvermögen war wohl den in Cannabispflanzen enthaltenen Wirkstoffen geschuldet", heißt es unvermittelt über eine Person. Oder: "Seine Verlegenheit nahm zu, nun spürte er Röte in seinen Wangen sprießen." (sic!) Oder: "Ihr erster Kuss brannte, wegen der aufgeschlagenen Lippe. Alle, die folgten, brannten aus purer Leidenschaft."
Nicht immer sind die Dialoge glaubwürdig, nicht alle Wendungen ergeben sich zwingend. Aber im Ganzen ist das doch ein gut zu lesender, abwechslungsreicher Krimi. Zumal Sellano auch schwierige Stellen wie Verfolgungsjagden und Schlägereien erzählerisch sehr gut meistert.
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