Diese Schrift widmet sich Theodor Fontane (1819-1898) aus Neuruppin: Apotheker,
Balladendichter, Berichterstatter, einer der bedeutendsten Theaterkritiker der Bismarck-Epoche,
Englandkenner,
Reiseschriftsteller - so wie Walter Scott über Schottland schrieb, setzte er es für die Mark Brandenburg um - und Kriegsschilderer.
Sehr spät, als 60-Jähriger, wurde Fontane zum Romancier, der in eine Liga mit Tolstoi, Flaubert und Dickens aufstieg. Fontanes schriftstellerisch interessanteste Epoche setzt ein, wenn die Seiten dieses Buches schwinden. Das stimmt traurig, aber auch hoffnungsvoll.
Bevor es so weit kommt, berichtet dieses Biografie lang und breit über Fontanes Anstellungen, sein Familienleben, die kleinen Reisen, die journalistischen und publizistischen Arbeiten. Als Apotheker hielt er es nicht lange aus, er wollte schreiben. Und er schrieb auch, lebenslang. Aber nicht das Werk, sondern das Leben Fontanes steht hier im Mittelpunkt. Und das verlief eben meist im Klein-Klein, ehe es dann doch zum großen Roman wurde.
Insofern ist diese Biografie umfassend, aber dann eben doch wieder nicht:
Wie seltsam verklausuliert ist hier mitgeteilt, Fontane habe in Dresden zwei uneheliche Kinder gehabt? Im Gegensatz zu seinen späteren ehelichen Kindern wird über diese Kinder seltsam verhuscht hinweggegangen. Ein paar Sätze sind ihnen gewidmet, wenn aus einem Brief Fontanes zitiert wird. Dann sind sie nie wieder erwähnt.
Wer war die Mutter? Welches Verhältnis pflegte Fontane zu ihr? Was wurde aus den Kindern? Hatte Fontane die Kinder, die er nur in diesen Briefen erwähnte, vielleicht frei erfunden? Seltsam, in einer Biografie aus dem Jahr 1985. Damals waren doch uneheliche Kinder (selbst die eines Dichterfürsten) keinesfalls etwas, dass man "der Schicklichkeit halber" verschweigen oder seltsam verdruckst unter den Tisch kehren musste. Vielmehr war wohl die Quellenlage sehr dünn - aber dann hätte der Biograf eben genau dies und die offenen Fragen thematisieren müssen.
Am schönsten ist dieses Buch, wenn Fontane selbst ausführlich zu Wort kommt. Etwa in seiner großartigen Theaterkritik zur
Erstaufführung von Gerhart Hauptmanns Vor Sonnenaufgang. Ich sollte wieder Fontane selbst lesen, vielleicht zuerst den fabelhaften Krimi Unterm Birnbaum.
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