Samstag, 21. Juli 2018

André Heller: Das Buch vom Süden


Ich würde mal behaupten, dass die deutsche Sprache, die Kunst und die Welt überhaupt ärmer wären ohne André Heller. Mit "Das Buch vom Süden" hat der Liedermacher, Artist und Zirkusdirektor als Siebzigjähriger seinen ersten Roman veröffentlicht.

Es ist ein höchst liebevolles Sprachkunstwerk,  mit wundersam schönen Wörtern und Bildern ausstaffiert, hochpoetisch, bezaubernd - aber leider nicht fesselnd.

Erzählt wird das Leben des Julian Passauer aus Wien, der seinen Traum, ein "fleißiger Taugenichts" zu werden, verwirklicht. Nachdem er in Portugal das professionelle Pokerspiel erlernt und dadurch zu Reichtum gelangt, lässt er sich am Gardasee in der Nachbarschaft eines fantastischen Gartens nieder. Er verwirklicht damit den Traum vom Süden seines Vaters Gottfried Passauer, stellvertretender Direktor des Naturhistorischen Museums im Schloss Schönbrunn. Umfangen von drei Frauen gleichzeitig, macht sich Julian am Gardasee über das Leben, das Sterben und immer wieder den Süden Gedanken.

Wunderbare (oft nicht ausgeführte) Anekdotenanfänge und Spracheinzigartigkeiten beschwören in kakanischer Manier Herzmanovsky-Orlando und Doderer herauf. Oder auch Rosendorfer. Wobei der große Unterschied zu Rosendorfer darin besteht, dass dieser Geschichten erzählt hat, Heller tut - bei aller Poesie - nur so. Hier gibt eigentlich keine Handlung. Es passiert dem Titelhelden Julian Passauer nichts wirklich Schreckliches, keine unverhoffte Wende tritt ein. Schlimmes ist nur den anderen widerfahren, seinem Vater Gottfried, der im KZ war - das wird am Rande gestreift.


Julian begegnet nur Poetisches. Alle sind herzlich, gut, freundlich, sprach- und weisheitsliebend oder zumindest auf ästhetische Art hässlich. Eine Welt zum Hineinträumen, ein großer Garten, ein Zirkus. "Unser Hauptausflugsziel darf nicht immerzu Golgatha sein", sagt der Graf Eltz aus Wien zum jungen Julian - und da hat er ja auch Recht.

Dieser Roman fesselt nicht, weil er alles nur beschreibt, vielleicht ist es das. Er ist ein Wunderkabinett, aber keine Welt, in der mich als Leser unter anderen Wesen bewege.

Und? Lohnt es sich nun, dieses Buch zu lesen? Aber ganz gewiss! Sogar zwei- oder dreimal. Es ist eine Bereicherung für die deutsche Literatur, ein Stück Kunst, dessen Schönheit nur so strahlt!

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