Im Mittelpunkt dieser Wissenschaft
steht die Frage: Wie nimmt der Spaziergänger Umwelt wahr und
konstruiert daraus eine Landschaft? Und wann empfinden wir diese
Landschaft als schön? Schon die Fragestellung macht klar: Die
Landschaft ist nicht in der Natur der Dinge, sondern in unserem Kopf
– wir konstruieren sie aus Umwelteindrücken.
Räumlich entsteht Landschaft beim
Spaziergang während des Weges. Unsere Wahrnehmung schließt
heterogene Dinge zu einer Landschaft zusammen und blendet andere aus,
sodass wir beim Heimkehren die liebliche Landschaft rühmen,
oder aber sagen: Das Ries (der Hunsrück, die Toscana, der
Spreewald....) ist auch nicht mehr das, was es einmal war.
Drei Entwicklungen, so führt
Burckhardt aus, beeinflussen unsere Landschaftswahrnehmung. Zum einen
ist der Unterschied zwischen Stadt und Land aufgehoben: Wir leben
heute alle mehr oder weniger in einer Metropole, das Land ist
industrialisiert, die Stadt begrünt. Das klassische
Landschaftserlebnis aber war immer der Übergang von der Stadt auf
das Land. Der Städter sah Landschaft, wenn er zum Spaziergang aus den
Mauern heraustrat.
Damit entfällt auch ein zweites
Kriterium: Die Interesselosigkeit. „Landschaft (…) ist das Bild,
das sich der Städter, der sich die Hände nicht am Boden schmutzig
macht, der kein Interesse am Land hat von der landwirtschaftlichen
Welt außerhalb der Mauern gemacht hat", so Burckhardt.
Drittens spielt das Verkehrsmittel eine
Rolle. Seit der Mensch Gegenden nicht mehr Stück für Stück zu Fuß
erwanderte, sondern mit der Eisenbahn ein einzelnes Ziel ansteuerte,
musste das komplette Landschaftserlebnis – quasi als Postkartenbild
– an diesem einen Zielort vorhanden sein. Diese oft künstlichen
Postkartenidyllen inklusive Panoramahotel sind seit der Verbreitung
des Autos auch wieder überholt. Die Autoreise unterscheidet
sich vom Spaziergang zu Fuß dadurch, dass die Distanzen weiter
werden, „viel heterogenere Eindrücke müssen zu viel abstrakteren
Ideallandschaften integriert werden“.
Burckhardt führte den Spaziergang auch als Methode ein, um diese Mechanismen zu ergründen. Unter
anderem ließ es er eine Gruppe Studenten mit Windschutzscheiben vor
den Gesicht durch die Straßen der Stadt gehen, um eine besondere
Wahrnehmung zu simulieren.
Viele weitere Gedanken sind in diesem
Kompendium angerissen: Über die Entwicklung der Gartenkunst, über
die „totale Begärtnerung“, „Funktionalisierung und
Hygienisierung“ der Städte, der Burckhardt die Brache und das
Prinzip des „kleinsten Eingriffs“ als nutzerfreundliche
Alternative entgegenstellt.
Weil „Warum ist Landschaft schön" kein wissenschaftliches Fachbuch, sondern eine Sammlung von Aufsätzen, Vorträgen und Artikeln aus Fachzeitschriften und Sammelbänden ist, gibt es zahllose Doppelungen, die aber auch dafür sorgen, dass sich die Grundgedanken einprägen.
Als Einstieg und Überblick gut geeignet ist der Beitrag „Bergsteigen auf Sylt“ auf den Seiten 306 bis 319. Nikolaus Wyss interviewte Burckhardt darin für das Magazin des Zürcher Tages-Anzeigers im März 1989.
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