Heinrich Böll: Irisches Tagebuch
Dienstag, 31. Dezember 2024
Doris Dörrie: Die Reisgöttin
Heinrich Böll: Irisches Tagebuch
Montag, 30. Dezember 2024
Sahner/Stähr: Die Sprache des Kapitalismus
Für ihr Buch, in dem sie der Sprache des Kapitalismus auf den Grund gehen, haben der Literaturwissenschaftler Simon Sahner und der Ökonom Daniel Stähr dieses Jahr den Leserpreis beim Deutschen Wirtschaftsbuchpreis erhalten. Besagte Sprache, die voll und ganz auf ein einziges Wirtschaftssystem – den Kapitalismus – gemünzt ist, beherrscht allgegenwärtig Massenmedien, Internet, Politik und Werbung. Für die meisten von uns ganz unbewusst.Wie die Autoren aufzeigen, kommt diese Sprache eingängig, reißerisch und sexy daher. Der Kapitalismus erzählt gerne Geschichten: von Selfmade-Milliardären wie Steve Jobs oder Elon Musk, die es mit Genie, Leistung, harter Arbeit und den richtigen Ideen zum richtigen Zeitpunkt zu sagenhaftem, erstrebenswertem Reichtum gebracht haben. Und von Armen, die faul sind und dem Sozialstaat auf der Tasche liegen.
Sonntag, 22. Dezember 2024
Kai Meyer: Die Bibliothek im Nebel
Klar, hier dürfen nicht allzu hohe Ansprüche an lebendige Sprache gestellt werden. Die gewählten Bilder sind oft schief, die vielen, vielen Klischees ärgern ein wenig. Macht nichts, einfach schnell drüber weg lesen. Aber, dass der Mann Bestseller schreibt, kommt nicht von ungefähr.
Hier passt nämlich vieles einfach perfekt: das Timing stimmt, die perfekte Komposition von Spannungsbögen erinnert an Carlos Ruiz Zafon oder Guillaume Musso. Dazu wartet er mit wunderschönen Szenerien auf: eine riesige Bibliothek in einer verfallenen Schlösschen an der französischen Mittelmeerküste, eine unheilvolle Wahrsagerin, mordende Menschenhändlerbanden, ein Puppentheater, eine Fahrt auf dem Seelenverkäufer, nimmermüde Druckereien und viele Bücher - darunter ganz prominent Georg Heyms Umbra vitae.Unterhaltsam! Leseempfehlung.
Sonntag, 1. Dezember 2024
Haruki Murakami: Honigkuchen
Der Schriftsteller Junpei erzählt der kleinen Sara die Geschichte vom Honigbär Masakichi, um sie von ihren Albträumen rund um den grausigen Erdbebenmann zu beruhigen. Sara ist das Kind von Jumpeis Jugendliebe Sayoko und seines besten Freundes.
Junpei glaubt, das Beste verpasst zu haben. Doch dann geht ihm auf, dass er die Geschichten anders erzählen und enden kann - die Geschichte vom Honigbär, seine anderen Kurzgeschichten, aber auch die der mittlerweile getrennt lebenden Sayoko, die von Sara - und seine eigene.
Murakami beschwört in seiner typisch holzschnittartigen Sprache die tiefe Wahrheit herauf, dass uns die Dinge eigentlich immer erst beim zweiten oder dritten Mal gelingen. Und Kat Menschiks Illustrationen treffen - so seltsam sich das in diesem Zusammenhang anhört - perfekt den Ton.
Dienstag, 26. November 2024
Sarah Brooks: Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
Der Zug und das Ödland. Zwei Welten, die einander fremd sind. Beide gehorchen jeweils eigenen physikalischen Gestzen. Wehe, wenn die eine Welt in die andere eindringt. Das würde beide Welten instabil machen, zusammenbrechen lassen. Doch genau das, so gehen Gerüchte in der verschworenen Gemeinschaft der Zugreisenden um, soll passiert sein. Wuchert wirklich das Ödlamd wie ein unsichtbares Pflanzen- und Farngeflecht durch die scheinbar absolut dichten - weil tausendfach geprüften - Ritzen des Zuges hinein?
Beide Welten schaden sich gegenseitig offenkundig und verzehren sich doch nacheinander. Etwa in Gestalt des in Ungnade gefallenen Forschers Grey, der die Außenwelt erkunden will, oder von Valentin Rostow, Autor eines Handbuchs für Reisende durch das Ödland, der diesem verfällt - und andererseits der rätselhaften blinden Passagierin Elena, die von draußen kommt und mit dem im Zug geborenen Mädchen Weiwei eine tiefe Verbundenheit eingeht.
Oder ist die gewaltsame, gegenseitige Abschottung irgendwann zu Ende? Wie weit muss der Zug dafür fahren?
Das Buch schiebt sich wie der Zug durch eine nicht zu fassende Welt - das Unterwegssein in der Fremde ist Thema dieser wunderschönen, poetischen Lektüre.
Donnerstag, 14. November 2024
Martin Suter: Melody
Wieder ein Suter, wieder ein gelungener, unterhaltsamer Krimi. Diesmal geht es um das mysteriöse Verschwinden von Melody kurz vor der Hochzeit - und die lebenslange, weltweite Suche ihres Verlobten Dr. Peter Stotz nach ihr - seiner großen Liebe.
Dr. Stotz' (ja, er wird ständig mitsamt seinem akademischen Grad erwähnt) ist Schweizer Parlamentsabgeordneter (Nationalrat), Geschäftsmann, wohlhabend, einflussreich und kann sich alles - und jeden - kaufen. Doch bei der Suche nach der Buchhändlerin Melody, die wegen ihrer Liaison mit dem 20 Jahre älteren Dr. Stotz von ihrer marokkanischen Familie verstoßen wurde, hilft ihm das nicht. Gegen Ende seines Lebens beauftragt er den jungen Juristen Tom Elmer, sein Leben in seinem Sinne zu dokumentieren - gegen fürstliche Bezahlung, natürlich.
Tom erlebt Stotz' Lebensgeschichte nach und begibt sich selbst auf die vertrackte Suche nach Melody. Natürlich kommt alles anders und die Handlung schlägt mehrere Volten. Suter, der meistbesprochene Autor in diesem Blog, hat Besseres und Schlechteres geschrieben, aber diesmal stimmt vor allem das Timing perfekt. Detaillierte Beschreibungen von bezaubernden Landschaften, luxuriöser Kleidung, ausschweifendemEssen und vor allem Trinken streut der Erzähler immer genau dann ein, wenn der Leser es vor Spannung und Erwartung nicht mehr aushält. So funktioniert das.
Montag, 11. November 2024
Rolf Dobelli: Die Kunst des guten Lebens
Sonntag, 20. Oktober 2024
Gaea Schoeters: Trophäe

Freitag, 27. September 2024
Birgit Vanderbeke: Alberta empfängt einen Liebhaber
Von 1997. Das waren Zeiten. So schreibt heute niemand mehr. So denkt heute niemand mehr. Schreiben und sich platte Handlungen ausdenken (die dämlicher gar nicht gehen, aber das ist ja egal, das interessiert ja nicht), macht heute die KI. Wie viel dadurch doch schon verloren gegangen ist…
Also: Birgit Vanderbeke (1956-2021) lesen, ist ein großer Genussgewinn. Erzählt wird in wunderschöner Sprache und in verschachtelten Ebenen von der Liebe. Es will der Erzählerin nicht gelingen, dieses Ding Liebe zu fassen - und dieses Scheitern fasziniert.
Alberta und Nadan lieben sich lebenslang, auch wenn oder weil sie sich immer nur in kurzen Episoden begegnen. Daneben leben beide ihr jeweils eigenes (Familien)Leben. Sie lieben sich aber „womöglich nur mit dem Kopf und der Seele“. Im wirklichen Leben stört Alberta sich an den profanen Gurgelgeräusch, das Nadan beim Zähneputzen macht: Liebe ist nicht profan. Und Liebe im Kopf ist leichter als Liebe im Leben. Aber das ist nur die Oberfläche, die wirkliche, tiefere Ursache, warum diese beiden endlos aneinander vorbei lieben, kann die Erzählerin einfach nicht ergründen.
Samstag, 14. September 2024
Ingomar von Kieseritzky: Fortune oder die Tücke des Objekts
In diesem kleinen, aber gehaltvollen Hörspiel des Schriftstellers Ingomar von Kieseritzky (1944-2019) reist eine englische Gruppe von Sammlern - darunter auch eine Lady - nach Weimar. Um einen seltsamen Wunderkammer-Pavillon in der auszustatten, suchen sie nach Devotionalien und kostbare Hinterlassenschaften der alten Klassiker. Aber so einfach, wie sie sich das vorgestellt haben, ist es nicht.
Was sind finden, sind elegant verpackte, zeitlose Wahrheiten über das Sammeln und Horten, Erinnern und Vergessen, Bewahren und Befreien, den Wert der Gegenstände und die Frage, was mit uns ist, wenn wir endlich bekommen, was wir immer gesucht haben. Hörenswert!
Freitag, 13. September 2024
Walter Moers: Die Insel der Tausend Leuchttürme
Der dichtende Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz erzählt in 19 unerwiderten Briefen von seinem Besuch auf der Insel Eydernorn, wo er seine Bücherstauballergie auskurieren möchte. Aber dieses wundersame Eiland mit 111 Leuchttürmen, seltsamen Bräuchen und noch seltsamerem Getier faszinieren den Lindwurm einfach zu sehr, um hier in Ruhe Kuranwendungen über sich ergehen zu lassen. Er hat viele Fragen…. zu viele?
Ja, Walter Moers ist der große Mann der deutschen Literatur. Aber sein zweiter Vorname ist Längen. Er ist manchmal einfach zu verliebt in seine Einfälle, wälzt sie umfassend und mit allem, was Sprache hergibt, aus. Ist ja auch gut so. Man muss sich eben durchfressen.
Und das lohnt sich ja dann auch. Wenn ein genial porträtierter Widergänger Gottfried Benns als Kurarzt praktiziert. Wenn Mythenmetz jedes Maß verliert beim Speisen im Gasthof Fackelfisch, in dem ausschließlich Getier aus den untersten Meerestiefen serviert wird. Wahrscheinlich wurde nie ein Restaurantbesuch in deutscher Sprache origineller, ideenreicher beschrieben.
Mythenmetz bereichert Moers‘ Kosmos Zamonien - hier gibt es keinen Computer, kein Telefon, kein Radio, keine Fotografie, Elektrizität? Eher nicht. Dampfmaschinen? Denkbar - Mythenmetz selbst bringt da-Vinci-gleich Erdindungen wie die Zahnseide, den Teebeutel, den Strandkorb und die Postkarte hervor. Er entdeckt das Zen in der Kunst des Krakenfiekens - des golfähnlichen Inselsports. Und er will alles über diese maritime Welt wissen.
„Sie haben an ein paar Leuchtturmtüren zu viel geklopft, und jetzt hängen Sie am Haken“, raunt ihm die Eydeertin Nephelenia Mauersegler kurz vor dem großen Showdown zu.
Keine leichte Kost und deshalb ein Hochgenuss. Oder umgekehrt.
Sonntag, 21. Juli 2024
Harry Mulisch: Augenstern
Christine Féret-Fleury: Das Mädchen, das der Metro las
Richtig Spaß aber machen die poetischen, originelle Betrachtungen über Bücher, Lesen und alles, was damit zusammenhängt. Das findet hier weit mehr Platz und liest sich hinreißender als in den meisten anderen Werken dieses speziellen, von mir geliebten Genres. Die Autorin liebt Bücher, o ja.
Über Antiquariate:
„Der Buchhändler hinten in seinem Laden war nichts als ein gebeugter, stiller Schatten, ein grauer Rücken, von einer Asche aus Eintönigkeit bedeckt, vielleicht saß er schon seit Jahrhunderten so da, seit man dieses Haus erbaut hatte…“
Über Bücher
„… mürrische gelehrte, Verliebte, entfesselte Furien, potentielle Mörder, und zarte Yundi rechten, zerbrechlichen jungen Mädchen, die Hand, Mädchen, deren Anmut mit jeder Wort reichen Beschreibung mehr zu viel. Manche Bücher waren wie stürmische, und rasierte Pferde, die mit einem davon galoppierten, während man sich klopfen, den Herzens an ihre Mähne klammerte. andere glichen Booten, die des nachts friedlich bei Vollmond über einen See glätten. Wieder andere waren wie Gefängnisse.“
Tja, und ich habe dieses Buch übrigens aus einer Kiste „Zu verschenken“ am Straßenrand gezogen. Es war noch ungelesen…
Donnerstag, 30. Mai 2024
Von Wellen und Weite. Die schönsten literarischen Geschichten vom Meer
Ja klar, ein Geschenkbuch. Aber was für eines! Hier ist die Zusammenstellung von literarischen Prosatexten und Gedichten über das Meer wirklich gelungen - wenn man einmal von vereinzeltem getretnem Quark wie Sergio Bambarens Der träumende Delphin absieht.
Und ich habe viele, viele solcher Bücher in meinem Regal stehen.
Packend: Melania Gaia Mazzuccos Vita, Thomas Manns Tod in Venedig, Albert Camus Hochzeit des Lichts. Immer wieder faszinierend: Melvilles Moby Dick. Herrlich illustriert mit maritimen Aquarellen.
Christian Kracht: Faserland

Auch wenn manches nach 30 Jahren aus der Zeit gefallen ist - normal. Ein so naives Stolpern durch die Republik wie in der sorgenfreien Nachwendezeit ist heute undenkbar. Aber diese naive Figur, die sich für abgeklärt hält und das übertrieben zur Schau stellt, ist zeitlos.
Wenn sich Krachts Held im Lufthansaflieger mit den in seinem Luxussakko (natürlich steht da eine Marke, aber die schaue ich jetzt nicht nach) gehamsterten Ehrmann-Joghurts vollsaut und schließlich einfach darüber hinweggeht, das erinnert schon sehr an Christian Reuters Schelmuffsky. Ein perfekter Schelmenroman. In 1979 kriegt der Bubi dann die ersehnte Abreibung und muss im chinesischen Straflager die Maden aus seiner eigenen Scheiße fressen.
Kracht mag Pathos. Das ist am Ende (an Thomas Manns Grab) nicht zu übersehen. Und tritt in späteren Romanen noch deutlicher hervor. Ist halt so. Dafür kann er wirklich, wirklich schreiben.
Mittwoch, 20. März 2024
Iris Wolff: Lichtungen
Mittwoch, 10. Januar 2024
Christian Rieck: Anleitung zur Selbstüberlistung
Finanzwissenschaftler Christian Rieck zeigt in seiner "Anleitung zur Selbstüberlistung" auf, wie die Spieltheorie hilft, Arbeitsleben und Alltag zu organisieren.
Warum tun wir so oft nicht das, was wir sollen – und eigentlich auch wollen? Diese Frage stellt Christian Rieck, Professor für Finanzwesen in Frankfurt, Spieltheorie-Experte und erfolgreicher Youtuber, in seinem Buch "Anleitung zur Selbstüberlistung".