Samstag, 4. August 2018

Vincent Almendros: Un été

Ein wunderbar leichtes, gewichtiges Buch für den Sommer und darüber hinaus.

In wenigen, kurzen Kapiteln erzählt Almendros von einem Segeltörn, zu dem Jean seinen Bruder Pierre - den Ich-Erzähler - mit seiner neuen Freundin Lone eingeladen hat. Die vierte auf dem Boot, das viel enger ist, als Pierre vermutet hatte, ist Jeans Frau Jeanne, die früher mit Pierre ein Verhältnis hatte und ihn für Jean verließ.

Es ist eng. Man kann sich nicht aus dem gehen. Immer wieder finden Pierres Blicke Jeanne. Und sie blickt zurück. Beim Aufenthalt auf Capri ist Pierre so in Gedanken verloren, dass er seine Freundin Lone auf einem Platz in der Stadt vergisst. Dann kommt es, wie es kommen musste: Jean muss Lone mit zu einem Arzt nehmen, Jeanne und Pierre bleiben allein an Bord. Zu spät merkt Pierre danach, dass er seine Schildmütze in Jeannes Bett vergessen hat.

Der sommerlich unbekümmerte Leser glaubt, mit Pierre die versteckten Zeichen zu entdecken.

"Là, dis-je, le nom du bateau.
Je fixais ces lettres bleu cobalt inscrites sur le fond blanc à l'arriere du voilier. Je m'en approchais et élognais, au gré des vagues. Je les fixais et finissais par ne plus penser à autre chose: REVIENS."

Pierre und Jeanne tauchen. Er hat die Augen zuerst geschlossen, öffnet sie dann:

"...Jeanne apparassait de temps en temps dans mon champs de vision, et cette forme, quoique nébuleuse et imprécise, était rassurante."

Er findet sie. Sie finden sich. Ein Schaden am Motor, ein Gewitter und der plötzliche Tod von Jeannes Mutter unterbrechen den Segeltörn. Lone geht. Sie kehrt zurück in ihre skandinavische Heimat. In Wirklichkeit ist alles viel doppelbödiger, ein großes Theaterspiel, ein perfider Krimi. Wer am Schluss feststellt, das ganze Buch durch auf die falschen Zeichen geachtet zu haben, bekommt Lust, noch einmal von vorne zu lesen zu beginnen.

Ganz große Literatur!

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