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Mittwoch, 1. Januar 2020

Jan Peter Bremer: Der amerikanische Investor

Nichts. Das passiert in diesem Buch von Jan Peter Bremer. Buchstäblich nichts. Bremer ist seit vielen Jahren einer der besten deutschsprachigen Schriftsteller. Und der einzige, der so grandios über nichts, nichts und wieder nichts schreiben kann.

Der Erzähler, ein Schriftsteller, liegt in seinem Bett und lässt die Gedanken schweifen. Besser gesagt haben ihn seine Gedanken fest im Griff. Er sinniert über das Kreuzberger Mietshaus, in dem er mit Frau und zwei Kindern wohnt, und das von einem amerikanischen Investor gekauft wurde, der es nun sanieren lässt. Die Böden senken sich ab und Wände bekommen Risse. Von der Mieterberatung hat der Erzähler widersprüchliche Signale erhalten. Er sorgt sich um die Zukunft und denkt darüber nach, dem amerikanischen Investor einen Brief zu schreiben. Diesem schwer zu fassenden Unbekannter, von dem er gelesen hat, dass er an Bord eines Flugzeuges lebt. Aber das ist gar nicht so leicht, wenn man obendrein so müde ist.

Die Sorge um die Wohnung, die Unfähigkeit zu reagieren, die Trägheit, die davon abhält, den ersten Satz zu schreiben, lässt einen inneren Monolog entstehen. Die Worte spinnen sich weiter, die Gedanken malen sich aus was wäre, wenn.... wortreich und in plastischer Sprache hadert der Erzähler mit seiner vermeintlichen Sprachlosigkeit. Die Frau, die Kinder, der Hund, der frühere Hausmeister, der kleine Ali - alle, die seinen Weg kreuzen, leben intensiv wie in einem Fiebertraum auf. Anders als die unnahbar-bedrohlichen Figuren in den Romanen und Erzählungen Franz Kafkas haben diese Fremden Gefühle, hegen Zorn oder Hinterlist, handeln überlegt oder impulsiv. Der Erzähler steigert sich hinein, überschlägt sich, seine Einfälle verselbstständigen sich, er gibt sich larmoyant, selbstzufrieden, eitel, faul, hysterisch. Das ist mitunter zum Schreien komisch.

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