Seiten

Sonntag, 13. Januar 2019

Cixin Liu: Der dunkle Wald

Der dunkle Wald ist nach Die drei Sonnen der zweite Teil der Trisolaris-Trilogie von Cixin Liu. Wie so oft bei zweiten Teilen (man denke beispielsweise an den Kinofilm Matrix Reloaded) wird die Durchschlagskraft eines Aufsehen erregendes Vorgängers nicht erreicht. Ist Die drei Sonnen über weite Teile ein philosophisch-politisches Krimi-Rätselspiel, so ist Der dunkle Wald eher ein Weltraum-Militärabenteuer. Die Handlung ist lange nicht so überraschend und hintergründig wie die des ersten Teils, sie wartet trotzdem mit einigen spannenden Wendungen und Ideen auf.

Die  feindlichen Invasoren vom Planeten Trisolaris nähern sich der Erde. In rund 400 Jahren wird ihre Flotte da sein. Bereits jetzt überwachen die Trisolarier mit winzigen intelligente Partikeln, den Sophonen, die sie auf die Erde geschickt haben, die Menschheit. Gleichzeitig schaffen es die Sophonen, jeden wissenschaftlichen Fortschritt auf der Erde zu blockieren. Ihr einziger Nachteil: Die Sophonen können keine Gedanken lesen. Die menschliche Fähigkeit der Täuschung und Verstellung ist den technologisch hoch überlegenen Trisolariern, die durch Gedanken kommunizieren, fremd.

Vier Erdenbürger werden ausgewählt, um sich als sogenannte Wandschauer - ein alter asiatischer Ausdruck für Meditierende - Gedanken über die Rettung vor den Trisolariern zu machen, aber niemanden von den geheimen Plänen wissen zu lassen. Einer dieser Wandschauer ist der erfolglose Astrophysiker Luo Ji. Als einziger der vier Wandschauer schafft er es, seine Strategie tatsächlich geheim zu halten. Aber die Erde setzt aufgrund vermeintlich übermächtigen Weltraumflotte lieber auf militärische Konfrontation  - tatsächlich endet das erste Zusammentreffen mit einer einzigen Sonde der Trisolarier im Weltraum mit einer verheerenden Niederlage der Erdenflotte.

Luo Ji, der zwischenzeitlich mehrere Hundert Jahre in Kälteschlaf verbracht hat, setzt seine Mission fort. Er hat sich mit der Wissenschaft der Kosmosoziologie befasst, und stößt auf eine Gesetzmäßigkeit, die zwischen den Zivilisationen im All herrscht:

"Das Universum ist ein dunkler Wald. Jede Zivilisation ist ein bewaffneter Jäger, der wie ein Geist zwischen den Bäumen umherstreift (…) Der Jäger muss vorsichtig sein, denn überall im Wald lauern andere Jäger wie er. Stößt er auf ein anderes Leben, egal ob es sich dabei um einen anderen Jäger, einen Engel oder einen Teufel, ein neugeborenes Baby oder einen alten Tattergreis, eine Fee oder einen Waldgeist handelt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als es auszuschalten. In diesem Wald sind die Hölle die anderen Lebewesen."

Wer also die genauen Koordinaten eines Planeten angibt und durch die Sonne verstärkt in das All schickt, erreicht dessen Zerstörung - weil der Planet zwangsläufig angegriffen wird. Wer aus der Deckung kommt, wird abgeschossen. Er ist "verflucht". Dieses Wissen verhilft Luo Ji, tatsächlich ins Gespräch mit den Trisolariern zu kommen....

Thematisiert werden nebenbei die zahlreichen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Kommunikation ohne Worte. Alles in allem ein Übergang zu einem hoffentlich gelungenen dritten Teil.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen