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Donnerstag, 12. März 2015

Epiktet: Das Handbüchlein der Moral

Diese kleine Sammlung von Maximen des römischen Sklaven Epiktet (50-138 n. Chr.) gehört zu den schönsten und lesenswertesten philosophischen Texten. Nichts von den Aussprüchen des Stoikers Epiktet, die einer seiner Schüler aufzeichnete, hat seine Gültigkeit verloren.

"Einige Dinge stehen in unserer Macht, andere hingegen nicht. In unserer Macht sind Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung, mit einem Wort, alles das, was Produkt unseres Willens ist. Doch nicht in unserer Gewalt sind unser Leib, Besitz, Ehre, Amt, kurz alles, was nicht unser Werk ist."

Alles dreht sich um diese Unterscheidung: Frei sind wir, die Dinge, die in unserer Macht stehen, zu ändern, und vollkommenere, sittliche Menschen zu werden. Alles andere sollte uns gleichgültig lassen. Wer das schafft, ist glücklich. Wie wahr. Gelassenheit gegenüber Dingen, die wir nicht ändern können - ein einfaches und unendlich schweres Ziel.

In seinen Beispielen geht Epiktet weit: Krankheit, Schmerzen, auch der Tod unseres Kindes sollten uns nicht berühren. Alles, was uns zustößt, ist nur eine Übung, die uns Leidenschaftslosigkeit und Gemütsruhe lehrt. Wenn uns jemand das Leben schwer macht, so sind es wir selbst mit unseren Gedanken, Wünschen, der Gier und dem Neid.

Meine Ausgabe des Handbüchleins ist 1946 "unter der Zulassung Nr. US - W - 1082 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung" erschienen. Im ersten Satz des Vorwortes heißt es: "Ist nicht der Stoizismus das Produkt einer ähnlichen Zeit wie sie gegenwärtig vorhanden ist, hervorgegangen aus notgedrungenem Nachdenken über die Quelle und Möglichkeit eines Glückes für dieses Leben und für alle, wie es jetzt auch wieder ungemein viele Gemüter bewegt." Mindestens genauso gut passt er in unsere heutige Zeit, die sich die Frage nach der Freiheit mehr denn je stellt. Lebensratgeber gibt es heute wie Sand am Meer. Aber diesen hier schlägt keiner.

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