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Freitag, 26. November 2021

Anthony Horowitz: Mord in Highgate

 


Anthony Horowitz - das weiß, wer diesen Blog regelmäßig liest - gehört zu meinen literarischen Helden. Und er bleibt es, auch wenn ich mich über diesen zweiten Band der Hawthorne-Reihe regelrecht geärgert habe.

Klar, es ist der Running Gag dieser Reihe, dass der feingeistige Schriftsteller Anthony Horowitz immer die falschen Schlüsse zieht und der raubeinige Ex-Polizist, dessen Abenteuer Horowitz niederschreiben soll, ihm meilenweit voraus ist. Auch, dass der Leser längst alles durchschaut, während der neunmalkluge Horowitz immer noch im Dunkeln tappt (das ist natürlich unzuverlässiges Erzählen at its best). So auch diesmal. Nur, dass diesmal das Spiel nicht aufgeht. Ich war sicher nicht der einzige Leser, der den Mörder oder die Mörderin gleich bei seiner/ihrer ersten Erwähnung erraten hat. Und das schleppt sich dann, leider, ohne den leisesten Knalleffekt bis zum Schluss hin. Ich habe sogar Anhang und Danksagungen noch in der Hoffnung auf eine überraschende Wende gelesen. Kommt die erst im Nachfolgeband? Wie ich sehe, ist vor wenigen Wochen A line to kill erschienen. 

Natürlich schreibt Horowitz gut, natürlich ist sein Humor vom Feinsten, natürlich liefert er hervorragend treffende Beschreibungen von Personen und Situationen ab. Aber nächstes Mal bitte etwas spannender. Vielleicht überzeugt mich "A line to kill" wieder...

Samstag, 13. November 2021

Robert Seethaler: Das Feld

 

Wer möchte nicht gerne wissen, was die Toten zu erzählen haben? Robert Seethaler befriedigt in seiner Geschichtensammlung Das Feld diese menschliche Neugier. Er  
knüpft damit ein bisschen an die uralte literarische Gattung der Totengespräche an. 29 Tote auf dem Gottesacker des fiktiven Ortes Paulstadt dürfen hier noch einmal sprechen: eine Frau, die 67 Männer hatte, ein korrupter Bürgermeister, ein ambitionierter Obsthändler, ein Glücksspielsüchtiger und seine Frau, die die Augen vor der Realität verschließen will…

Menschen erzählen von den gleichen Sachverhalten komplett unterschiedlich. Es kommt darauf an, was sie hervorheben und ausblenden, worauf sie fokussiert waren und was sie gar nicht wahrnahmen. Sie erzählen von ihrem Tod oder ihrer Kindheit oder einzelnen Wendepunkten oder scheinbaren Belanglosigkeiten - je nachdem, welche Momente in ihren Leben sie als bedeutsam empfinden oder von welchen sie einfach noch einmal gerne erzählen möchten. Wie ein Mosaik fügt sich der Ort Paulstadt zusammen.

Alles, was hier gesagt wird,  ist endgültig - wie sollte es anders sein? Die Erzähler haben buchstäblich keine Chance mehr. Aber keiner der Toten klagt an, alle klingen irgendwie mild (und ähneln sich insofern, dass sie alle nach Seethaler klingen). Die Meisterschaft des Autors ist seine lakonische, glasklare Sprache. Was erlebt und fühlt ein Sterbender nach einem Autounfall? Das ist wirklich spannend, und ja, man ist gierig darauf, es zu erfahren.