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Montag, 22. Februar 2016

Martin Suter: Montecristo

Der Videojournalist Jonas Brand hält sich mit Aufträgen für TV-Boulevardmagazine über Wasser, träumt aber vom ganz großen Kinoprojekt: Montecristo soll es heißen und die moderne Geschichte eines Mannes erzählen, der sich an allen rächt, die ihm das Leben zur Hölle gemacht haben. 

Da passieren Brand zwei seltsame Dinge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Der Intercity, in dem er sitzt, stoppt, weil ein offenbar ein Selbstmörder aus dem Zug gesprungen ist - Brand hält mit der Kamera, die er zufällig dabei hat, drauf. Kurz darauf entdeckt er in seinem Portemonnaie zwei nachweislich echte Bankboten, die beide eine identische Seriennummer haben. 

Weil Brand neugierig ist und nach den Ursachen dieser Seltsamkeiten fragt, setzt er eine mörderische Maschinierie Gang. Er wird überfallen, ausgeraubt, verhaftet - und der Mann auf den Schienen ist nicht der letzte Tote. Suter hat diesen Krimi von 2015 um die weltweite Bankenkrise herum gestrickt. Quintessenz: wenn eine "systemrelevante" Bank in Schieflage gerät, verbünden sich Politik, Verwaltung, Polizei, Wirtschaft, Medien gegen den Einzelnen der machtlos auf seiner Suche nach der Wahrheit ist  - die Bank beginnt immer, sie ist "too big to fail", Ihr Untergang würde das ganze (kapitalistische) System zum Einsturz bringen.

Wie immer erzählt Suter so spannend, dass man als Leser Seite um Seite fressen möchte. Ungeduld, Neugier, Ärger, Zorn, Rachegefühle - Suter hat s definitiv drauf, im Leser Gefühle zu wecken und dann mit diesem zu spielen.

Was hier leider fehlt, sind die originellen Einfälle. Ich bin das Gefühl nicht losgeworden, dass Suter diese Story vom Ende her konstruiert hat und die entsprechenden Zutaten (und Zufälle) mit diesem Ziel hinzugefügt hat. Da sind die zwei Banknoten in einer Tasche, deren Nummern ihm auch noch auffallen, da fördert die zwielichtige Bank plötzlich sein totgeglaubtes Filmprojekt, da wird ihm in Thailand Heroin untergejubelt, da ist ein Zeuge, der plötzlich vor der Kamera aussagt und das fehlende Puzzleteil liefert und da ist die wenig glaubwürdige Gehirnwäsche am Schluss. 

Unterhaltsam, aber von Suter habe ich schon größere Knaller gelesen.

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