Tagtäglich zerbrechen wir uns den Kopf über tausend Kleinigkeiten: Soll’s der Toilettensitz aus Kunstharz oder doch der aus Kiefernholz sein? Als Vorspeise Paella oder Caldo con Pelota? Altglas a la española in den Hausmüll werfen oder zum kilometerweit entfernten Container kutschieren? Parkgebühren bezahlen oder auf das Glück vertrauen, dass keine Politesse vorbeikommt?
Philosophen sind da anders. Sie machen sich nur über die wirklich wichtigen Fragen des Lebens Gedanken. Das unterscheidet sie von uns Normalos und deshalb fallen jedem gleich Dutzende berühmte Philosophen, aber nur wenige berühmte Sanitärartikelverkäufer ein.
Eine der wichtigsten Fragen, über die sich Philosophen den Kopf zerbrechen, lautet: „Wie sollen wir handeln?“ Die Deutschen können sich da an ihren Immanuel Kant halten: „Demnach muss ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reich der Zwecke wäre“, schrieb der. Hm. Und was bedeutet das jetzt für das Altglas? Und für die Vorspeise?
Und wie sollen die Spanier handeln, die keinen Kant in ihren Reihen haben? Martin Heidegger solle seinen Freund José Ortega y Gasset einmal gefragt haben, warum es in Spanien so wenige Philosophen gäbe, worauf jener zurückfragte: „Warum gibt es in Deutschland so wenige Toreros?“
Das mit den spanischen Philosophen stimmt aber nicht so ganz, denn es gab neben Ortega y Gasset („Gespräch beim Golf oder Über die Idee des Dharma“) zumindest noch einen, den Jesuitenpater Baltasar Gracián y Morales (1601-1658), der auch heute noch amüsant und aufschlussreich zu lesen ist. In seinem Buch „Handorakel und Kunst der Weltklugheit“ (das unter anderem auf der Internetseite „capitalista.de – Mehr Netto“ bestellt werden kann) redet er Klartext.
Klugheit heißt für ihn ungefähr dieses: Handle so, dass du andere von dir abhängig machst. Erwarte nichts von deinen Freunden. Benutze den anderen als Werkzeug für deine Zwecke. Sei misstrauisch jedermann gegenüber und verhalte dich so, als würdest du ständig beobachtet.
Dieses Büchlein ist – auch in der deutschen Übersetzung von Arthur Schopenhauer – unbedingt lesenswert! Und beim Altglas-Problem vielleicht sogar hilfreicher als der alte Kant!
Erschienen in Costa Blanca Rundschau Nr. 64, Woche 15/2006
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