Ein Buch aus dem Jahr 1928, in Fraktur gedruckt, halb in Leder gebunden. Franz Spundas (1890-1963) Schauerroman über einen Alchimisten, eine seltsame Nonne, eine Gilde von Tempelrittern und das Lebenselixier ist mehrfach neu aufgelegt worden. Aber ihn in einer neuen Aufmachung zu lesen wäre nicht dasselbe.
Es hat den Zauber des Entdeckens, in einem solchen verstaubten Wälzer, am besten noch bei Schummerlicht, von den Planetengeistern zu lesen, vom unnennbaren Licht AUR, der prima materia, den aurum potabile, den zehn Sephiroth, dem solaren Hahn und vielerlei anderem magisch Klingendem.
Zu entdecken gibt es auch einige originell-altmodische Beschreibungen, etwa wenn Spunda in Avignon drohend den Mistral nahen lässt: "Die Möwen der Rhone flogen wie aufgescheuchte Blitze über die dünstenden Gassen und Plätze, in denen die Menschen besorgt gegen die Himmel sahen. Noch lag das ganze Firmament im Opalglanz da und nur fern, im Nordosten, zeigte sich dem Mont Ventoux eine verräterische Wolke, düster leuchtend in braunroter Glut."
Damit ist aber auch das Positive gesagt. Je länger man sich mit diesem Buch beschäftigt, desto mehr nervt der unbeholfene, dämlich auktoriale Erzählstil. Alle Personen handeln seltsam unentschlossen, reden naiv auch mit dem Feind über ihre geheimen Absichten, verplappern sich ständig und wiederholen sich. Eine echte Handlung kommt nicht zustande. Der junge Vicente Lascari erbt in Florenz das Haus eines Alchimisten, in dem er das Lebenselixier und den Stein der Weisen findet. Sowohl die Adepten des Templergottes Baphomet als auch Vertreter des Vatikans versuchen, Lascari und die Gegenstände für sich zu gewinnen. Am Schluss schafft es keiner. Spannungsbogen: Fehlanzeige.
Verpackt in das Alchimisten-Brimborium ist eine theatralische Liebesgeschichte, aber auch die bietet nichts Überraschendes sondern vielmehr Arztroman-würdige Plattitüden:
"Statt vieler Worte umschlang sie ihn innig und drückte ihre Lippen auf die seinen. ,Du, du! Mein Weib!', jauchzte er auf." Mir ist beim Lesen das Jauchzen vergangen. Aber was soll man von einem Roman halten, in dem Männer resigniert über Frauen sagen: "Wer kennt sich bei diesen überspannten Wesen aus?"
Die Protagonisten ergehen sich in haarsträubenden Philosophierereien über das Wesen Gottes, des Teufels und so weiter. Zum Beispiel sagt der Monsignore d'Arnoult, der den Vatikan vertritt: "Das Tier muss zu Gott und Gott zum Tier werden, damit der Mensch, der zwischen beiden steht, einen vom anderen erlösen kann. Denn deshalb ist Gott, der reine Gott, Mensch geworden, um in Beziehung mit dem unvernünftigen Tier zu treten, gleichsam um Abbitte zu leisten, dass er diese Wesen überhaupt geschaffen hat." Aha.
Zu allem Überfluss muss noch gesagt werden, dass der österreichische Autor Franz Spunda offenbar den Nazis nahe stand. Na ja. Wenigstens offener Antisemitismus ist in diesem Buch nicht zu finden. Der Rabbi Mordechai ist zwar zunächst ebenfalls ein Zauberer und Alchimist, gehört aber definitiv zu den Guten.
Genauso unnötig wie die meisten Buchkritiken!!
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