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Dienstag, 14. März 2023

Wolfgang Büscher: Heimkehr

Leider, ich muss es so deutlich sagen, eine große Enttäuschung. Reiseschriftsteller Büscher hat einen Sommer in der Waldhütte eines Wald besitzenden "Fürsten" in seiner nordhessischen Heimat verbracht.

Das Leben im und mit dem Wald ist sprachlich faszinierend eingefangen, Bilder, die Welten öffnen, Klarheit und Eleganz, die an Thomas Mann denken lassen. Hier poetischer Fichtendämmer und Waldewigkeit, dort sehr nüchterne Forstwirtschaft, Jagd, Borkenkäfer. 

Doch der Wald nimmt nur einen sehr kleinen Teil ein. Büschers Betrachtungen drehen sich um seine eigene Kindheit, den Menschen an sich, vor allem aber über den „Adel“. Der Autor hält mit seinen - in diesem Fall stockkonservativen - politischen Ansichten nicht hinter dem Berg. Wie offenbar immer

Aber hier verengt sich alles auf ein Thema: seine fast schon devote Verehrung für den "Adel" ("Fürsten" und "Erbprinzen" gibt es in Deutschland seit mehr als 100 Jahren nicht mehr). Ein Buch über diese Familie, in der NS-Zeit gar nicht so verstrickt war, wie allgemein angenommen wird, die aber hervorragende Jäger hervorgebracht hat und ihren Untertanen mildtätig zugetan ist… wollte ich eigentlich nicht lesen. Schade.

Donnerstag, 2. März 2023

Stephen King: Fairy tale

Ich muss gestehen, es war das erste Buch, das ich von Stephen King gelesen habe - aber dieser Mann hat augenscheinlich Spaß am Schreiben. Jeder, der schreibt, erlebt irgendwann Augenblicke, in denen sich alles fügt, in denen die Pointen nur zu genau zünden, wo Details dem Geschehen eine zusätzliche Ebene verleihen, die Figuren von selbst handeln. Streckenweise hat sich das hier auch auf mich als Leser übertragen. Auch wenn Fairy Tale mit fast 900 Seiten sehr, sehr dick ist. Wäre es nicht etwas kürzer gegangen? Sei’s drum. 

King erzählt von einem 17-jährigen Jungen, der mit seinem Hund auszieht, um ein unterirdisches Märchenreich vor dem Untergang zu retten. Der Autor versammelt hier scharenweise Anleihen, Anspielungen und Zitate aus Märchen, aber auch Filmen und Serien - vom Rumpelstilzchen über den Zauberer von Oz bis zum Game of Thrones. Dem Leser begegnen immer  wiederkehrende Märchenmotive - hilf einem Tier aus der Not, dann wird es sich als dankbar erweisen…

Erzählt wird hier nach allen Regeln der Kunst (oder auch nach Lehrbuch). Der Held erlebt mindestens eine Niederlage zu viel, gerät in Not, wird gefangen, muss ein Duell bestehen, flüchten, sich eine waghalsige Verfolgungsjagd liefern, verliebt sich, hat den ersten Sex, verliert Freunde und gewinnt neue… Alles ist auf eine Fortsetzung getrimmt. Und natürlich auf eine Verfilmung - die wird nicht lange auf sich warten lassen (wahrscheinlich läuft sie längst). Vieles liest sich ja auch gleich wie ein Filmdrehbuch:

„Während die Gefangenen den beiden Nachtsoldaten durch den Korridor folgten, sah ich, dass zwei Frauen und zwei Schwarze darunter waren.“ Hat da jemand gleich an die Diversity-Richtlinien gedacht?

Der Ich-Erzähler nervt anfangs dadurch, dass er ein so schrecklich braver und selbstloser Musterknabe ist. Verdämlicht dadurch, dass er ständig erwähnt, was für ein schlimmer Finger er aber doch früher war. Da hat er z.B. Briefkasten zum Explodieren gebracht. Aber, und das ist ein großer Kunstgriff: Dieser Erzähler ist in gewisser Weise unzuverlässig, was seine eigene Person betrifft. Seine leicht sadistische Ader tritt im Verlauf der Handlung unverkennbar hervor. Immerhin. So hatte ich mir das von Stephen King erwartet.