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Freitag, 29. Januar 2021

Vaughn Scribner: Merpeople

Vaughn Scribner, Historiker an der Universität von Central Arkansas, hat in diesem hübschen Buch sehr vieles über Meerjungfrauen zusammengetragen  - eigentlich über Meerwesen insgesamt, wobei die Meermänner, wie allgemein üblich, kaum eine Rolle spielen.

Inhaltlich arbeitet Scribner minutiös, das Ganze besitzt leider einen gewissen Aufzählungscharakter und erinnert doch sehr an eine studentische Universitätsarbeit. Also nicht besonders unterhaltsam geschrieben, dafür 50 Seiten Fußnoten und ziemlich bemüht die immer gleichen Erklärungen, dass die Meerjungfrau als Sexsymbol herhalten musste,  der Hinweis auf ihren bi-geschlechtlichen Charakter, die Feststellung dass männlich und westlich dominierte Gesellschaften ihr ihre Rollenmuster aufgedrückt haben, von denen sich der Autor doch ein bisschen zu verzweifelt abgrenzt. Gleichzeitig zeichnet Scribner akribisch jede angebliche Sichtung einer Meerjungfrau, in der irgendwann in der Zeitung stand auf (diese immer nach gleichem Schema verlaufenen Sichtungen von Meerjungfrauen machen den Hauptteil des Textes aus), allerdings fast ausschließlich  im angelsächsischen Raum.

Und das ist das große Manko. Scribner beginnt zwar mit den alten Griechen, Babyloniern und Assyrern. Ein knappes Kapitel kurz vor Schluss handelt auch noch schnell Azteken, australische Aborigines, fernöstliche Kulturen und andere Meerjungfrauen-Traditionen ab. 

Aber der Gang durch die Jahrhunderte geschieht so gut wie ausschließlich in England und den USA. Das geht sogar so weit, dass für den Autor die „künstlerische“ Bearbeitung Meerjungfrauen-Themas erst mit dem Medium Film, Hollywood mit der australischen Schwimmerin und Schauspielerin Annette Kellerman einsetzt. Ein paar Sätze gibt es immer hin für Hans Christian Andersens Kleiner Seejungfrau. Aber kein Goethe, kein Fouqué, keine französische, spanische, russische oder osteuropäische Literatur. Musik, Ballett, Bildende Kunst, Malerei, Skulptur: bestenfalls ganz am Rande gestreift, aber genau hier hat sich doch Jahrhunderte lang die eigentliche Meerjungfrauen-Action abgespielt. 

Ein echter Pluspunkt, und deshalb ist dieses Buch ein bibliophiler Schatz, ist dagegen  die Gestaltung mit wunderbaren Meerjungfrauen-Gemälden, -Zeichnungen, -Werbeannoncen und -Filmplakaten. Das lässt das Herz höher schlagen und den Wunsch aufkommen, doch einmal so einer sagenhaften Gestalt, halb Frau, halb Fisch, zu begegnen.



Donnerstag, 21. Januar 2021

Sandra Brown: Eisnacht


Als Januarlektüre hatte ich mir einen packenden Thriller erhofft, in dem es knackig kalt ist, Eis und Schnee klirren und das Erbarmen ganz weit weg ist. Schon klar, da darf man dann halt nicht Sandra Brown lesen. 

Eine Reihe junger Frauen wurde entführt und ermordet und eine Frau steckt mit dem mutmaßlichen Serienkiller in einer eingeschneiten Berghütte fest. Derweil versuchen die Dorfbewohner und die Polizei, die Hütte zu erreichen.

So weit so gut. Doch:  „Die geschwächten Fundamente ihrer Ehe sackten unter der Trauer zusammen.“ Und „dann begann ihr Herz unter den Rippen zu hämmern“. Und schließlich  „spürte er unvermittelt ein Frösteln, das nichts mit den Temperaturen draußen zu tun hatte.“ So, so, noch kälter also. Aber ich will dieses Frösteln selbst spüren und nicht Plattheiten lesen, so weit das Auge reicht. Der Küchenpsychologie- und Kitschfaktor ist extrem hoch. Macht nichts. Bis zum unerträglichen Happy End kann der Leser allemal in diverse menschliche Abgründe blicken.