"Die drei Sonnen" von 2007 ist der erste Teil einer Trilogie und unterhaltsame Science Fiction aus China. Im Mittelpunkt steht die Astrophysikerin Ye Wenjie: In jungen Jahren erlebt sie die ganze Brutalität der chinesischen Kulturrevolution. Ihr Vater wird zu Tode gefoltert, sie selbst entkommt knapp dem Straflager und wird auf eine weltabgeschiedene Forschungsstation versetzt, die Kontakt zu Außerirdischen aufnehmen soll.
Tatsächlich gelingt Ye Wenjie der Kontakt mit Wesen, die vom Planten Trisolaris mit den drei Sonnen stammen. Sie reisen allerdings nicht in friedlicher Mission durchs All, sondern möchten die Erde erobern, nachdem sie ihre eigene Welt verlassen mussten. Umso besser, denkt sich Ye Wenjie , die vom Bösen im Menschen überzeugt ist, und lädt die Trisolarier ein, die Erde zu besetzen. Sie ermordet Mitwisser und baut gemeinsam mit radikalen Umweltaktivisten eine sektenähnliche Organisation auf, welche die Invasion der Trisolarier vorbereiten soll. Zweite Hauptfigur des Romans ist der Nanowissenschaftler Wang Miao, der von Polizei und Armee den Auftrag erhält, diese Sekte zu unterwandern.
Das ist unterhaltsam und interessant, auch wenn die Handlung nicht immer zwingend und logisch erscheint, und manchmal eine etwas uninspirierte Aneinanderreihung von Elementen ist. Gestört hat mich, wie problemlos sich die Sekte durch Wang Miao unterwandern lässt. Zweiter Kritikpunkt: Wang Miao spielt ein VR-Game, das ihm (und damit dem Leser) alles über die Zivilisation von Trisolaris erzählt: Dass das Medium Computerspiel nicht geeignet ist, eine lineare Geschichte zu erzählen, wird allzu deutlich.
Andererseits wirft "Die drei Sonnen" große philosophische Fragen auf. Es geht um die Grenzen der Wissenschaft, Unsicherheit, Freiheit, Überwachung, Verantwortung und die vermeintliche Überlegenheit des Menschen in der Natur. Die Einwohner von Trisolaris leiden unter dem so genannten Drei-Körper-Problem, wonach es für die Wissenschaft zu komplex ist, die Wirkungen von drei Körpern aufeinander zu berechnen. Es bedeutet für sie ständige Unsicherheit, sie wissen nicht, ob am nächsten Tag eine ihrer drei Sonnen aufgeht oder nicht - oder ob ihre Zivilisation zum wiederholten Mal zugrunde geht. Sie sind der kosmischen Willkür ausgeliefert, können die Zukunft ihrer Welt wissenschaftlich nicht vorausberechnen - den einzigen Ausweg sehen sie in der Auswanderung. Das ist durchaus auch politisch zu verstehen.